Meinen "Offenbarungseid" über die slowenische Küche hätt' ich also vorige Woche hinter mich gebracht, wie mir User Michael Holzermayr2 zu Teil 1 meines kleinen, mittelmäßig bebilderten Erlebnisaufsatzes über Hiša Franko im Soča-Tal attestierte: "Sie haben offenbar weder Hiša Franko noch den Stellenwert der slowenischen Küche verstanden." Stimmt gewiss, aber womöglich mag ich mich auch in eher lasche Krustentiere im Nudelteig gar nicht richtig einfühlen. Und natürlich kann man Regionalität auch überbewerten.

Umso besser schmeckt mir, dass wir uns nicht nur einen, sondern eben zwei Abende in Kobarid vorgenommen haben. Am zweiten Abend hatten wir dann auch ein Zimmer in der rundum chic erneuerten alten Gastwirtschaft, das mir eigentlich schon für den ersten Abend fix gebucht schien, aber eben leider nur mir.

Der Hundeschwanz, ein Happy End

Gut auch, dass wir gefragt wurden, ob wir das Menü vom Vorabend noch einmal möchten, nur eben mit ein paar Gängen mehr, - oder doch lieber etwas Anderes. Gut zudem, dass die Weine gar nicht überwiegend so mittelmäßig waren, wie der (mir sonst in seiner Bestimmtheit recht sympathische) User Michael Holzermayer2 behauptet. Sie merken, da bahnt sich ein Happy End an. Wie ohnehin von langer Hand geplant.

Es wurde also erfreulich anders als am Vortag, und - ganz ohne Eide oder Offenbarungen - sehr, sehr gut. Nur die Qualität meiner Bilder konnte mit jener des Essens wieder einmal nicht ganz mithalten. Aber sehen Sie doch selbst.

Man muss nun wirklich aus Leber nicht unbedingt Parfait machen, finde ich. Aber dieses Hühnerleberparfait bekommt zum Einstieg gleich einmal (nach Wurst und Forelle wie am Vortag) zwei hoch erfreute Rufzeichen. Mit Marille und - nicht ganz originellem, aber angenehm dezentem Parmesanbrot.

Foto: Harald Fidler

Optisch ein bisschen obszön vielleicht, aber umso besser im Geschmack: Ravioli von roter Rübe, sorry, schon wieder Leber, diesmal auch noch fette, und Rettich. Auf der Basis kann man nun wirklich weiterarbeiten.

Foto: Harald Fidler

Noch einmal Teigtasche, formal natürlich ein bisschen redundant, aber mit ernstem Frischkäse, Paradeiserconfit und Basilikum. Schlüssig und gut.

Foto: Harald Fidler

Und wenn ich bei einer gefeierten Regionalküchenkönigin nicht zuvor schon konsequent ein paar Gänge lang mit Meer in den Bergen konfrontiert werde, hab ich auch gar nichts, aber schon überhaupt nichts gegen eine Auster. Vor allem, wenn sie mir in einem großartig komponierten Breichen (sprich: Brei-chen) aus sepiaschwarzer, molliger Gerste, einer Sauce mit Thymian, Knoblauch, Basilikum und wasweißichnoch, Mascarpone und Mortadella begegnet.

Foto: Harald Fidler

So versöhnt mit dem Meer in den Bergen kann es weitergehen: Ein Meeresfisch, ich vermutete ja Seeteufel, aber dafür würde ich meine Hand höchstens ins Salzwasser legen. Gut so, denn ich bekomme später auf Nachfrage "große Weißmakrele" zur Erklärung. Hm, klingt mir auch nicht nach einer allzu souveränen Übersetzung. Egal: Makrelig schmeckte mir das Stück nicht, das da finster vom Teller blickt - weil in gemüsige Asche gekleidet. Dazu Linsen und grüner Spargel - der war auch für Tempuraskeptiker wie mich eine helle Freude.

Foto: Harald Fidler

Spätestens an dieser Stelle sagen Sie vermutlich: Klar, zum dritten Mal Leber, zum zweiten Mal fette, das muss den Fidler ja versöhnen. Fast mehr Freud' freilich machte mir die Wachtel.

Foto: Harald Fidler

Wo mich schon die Auster in der Gerste das regionalkulinarische Toleranzpatent zücken ließen - da kann mich nun bei Ana Roš auch eine asiatische Rinderzunge mit Pastinake und knackigem Grün nicht mehr aus dem Konzept bringen. Ich will ja nicht noch einen Offenbarungseid über slowenische Küche riskieren. Über meinen unterbelichteten Geschmackssinn gern: Ich vermutete gar einen erdnussigen Einschlag - täusche mich da aber gewiss.

Zumindest namentlich sehr schlüssig begleitet die asiatische Zunge ein Wein namens Khmer. Eine rote Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot, wenn ich mich da recht erinnere, von Reia (Goriška Brda) aus 2009.

Foto: Harald Fidler

Wer mir Erbse reicht zum Dessert, ist mein Freund. Hier in Begleitung ihrer Blüte, von (bisschen frühreifer) Erdbeere, Holundergelee und Basilikum sowie einem Baiser. Der freilich hätte wie ein spanischer Wind auch gern an mir vorüberziehen können.

Foto: Harald Fidler

Und wer mir aus Mais Eis bereitet, dem ess ich auch noch die dunkelfette Schoki weg. Eines der schönsten Gerichte, fand ich. Große Esser freilich kennen solche Designs natürlich. Ich einfaches Gemüt kann mich immer wieder darüber freuen. Auch über die Himbeercreme - und den Baiser aus derselben lass ich einfach weg.

Foto: Harald Fidler

Erdbeereis, ich hätte eher gesagt: Sorbet. Die Wunderbare nickt, und sagt: Waldbeeren. Und hat zum allerersten Mal überhaupt nicht ganz recht. Aber beim Honighaselnussküchlein sind wir wieder ganz d'accord. (Harald Fidler, derStandard.at, 5.8.2014)

PS: Aufmerksame Userinnen und Poster fragen an dieser Stelle natürlich: Was hat all das mit einem Hundeschwanz zu tun? Ganz einfach:

1. Ein Hundeschwanz ist, bei entsprechendem Naturell seines Trägermediums, an sich am schönsten, wenn er sich als Happy End darstellt.

2. Die gar nicht mittelmäßige Weinkultur Sloweniens schmückt auch ein bemerkenswertes Weingut mit einem zumindest bemerkenswerten Namen: Pasji Rep.

Das heißt, so versichert mir die nicht allein Wunderbare, sondern auch noch Universalgelehrte an meiner Seite: Hundeschwanz. Wie gut muss ein Wein sein, dass er sich mit einem solchen Namen verkaufen lässt? Ich jedenfalls mochte in meiner fröhlichen Mittelmäßigkeit den Jebacin sehr, eine Cuvée aus Malvasia, Ribolla gialla und Zelen.

Foto: Harald Fidler