Salzburg/Wien - Jede fünfte Frau wird bis zum Ende des gebärfähigen Alters einmal oder mehrmals ungewollt schwanger. Das zeigen die Berechnungen des österreichischen Verhütungsreports. Knapp die Hälfte der ungewollten Schwangerschaften wird abgebrochen. Bei der aktuellen Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums und des Frauenreferats Salzburg wurde nach der Entstehungssituation ungewollter Schwangerschaften gefragt.

Mehr als 500 Frauen, die in Salzburg, Wien oder Korneuburg eine Schwangerschaft abbrechen ließen, wurden befragt. Das Durchschnittsalter der Frauen liegt bei 28 Jahren. Nur zehn Prozent sind unter 18 Jahre alt, 43 Prozent zwischen 20 und 30.  Mehr als die Hälfte der Frauen hat bereits ein oder mehrere Kinder.

Die Ergebnisse zeigen: 47 Prozent der Frauen haben beim Sex nicht verhütet. Von jenen Frauen, die verhütet haben, wählten drei Viertel eine mäßig oder wenig wirksame Verhütungsmethode (Tage zählen, Selbstbeobachtung, Kondom). Ein Drittel der Frauen verhütet grundsätzlich nur von Fall zu Fall und ist deshalb häufig ungeschützt. Je älter die Frauen sind, umso weniger verhüten sie. Ab 40 verhüten 56 Prozent der Befragten "nie".

"Verhütungsparadoxon"

Der Leiter der Gynmed-Ambulanz, Christian Fiala, bezeichnet das als "Verhütungsparadoxon". 50 Jahre nach Einführung der Pille würden wir uns in einer "absurden Situation" befinden: "Es gibt so viele wirksame Methoden, trotzdem gibt es eine unnötig hohe Anzahl an Frauen, die ungewollt schwanger werden", sagt Fiala.

Ein Grund dafür seien Wissensmängel oder Falschinformationen. 43 Prozent der Frauen gaben an: "Ich war mir sicher, dass nichts passieren kann." Viele ungewollte Schwangerschaften würden nach einer Geburt, in einer Trennungssituation oder weil die Frauen ungeplant Sex und deshalb nicht verhütet hatten, entstehen, erklärt Fiala.

Ängste vor unerwünschten Nebenwirkungen

Hinzu komme eine große Unsicherheit über die Wirksamkeit von Verhütungsmethoden, erläutert die Projektleiterin Petra Schweiger vom Frauengesundheitszentrum ISIS. "Die Frauen befinden sich in einem langen Methodenkonflikt." Viele möchten verhüten, würden sich aber wegen angstauslösender Fehlinformationen über hormonelle Verhütungsmethoden gegen diese entscheiden. Die Ängste vor unerwünschten Nebenwirkungen seien größer als die vor einer ungewollten Schwangerschaft, sagt Schweiger. Auch werde das Kondom als wirksame Methode angesehen, "was es tatsächlich nicht ist", betont Christian Fiala.

Verhütungsberatung ausbauen

Zur Prävention ungewollter Schwangerschaften fordern die Experten ein Maßnahmenpaket: Es brauche eine Verhütungsberatung für erwachsene Frauen, auch wenn sie bereits Kinder haben, beim Frauenarztbesuch und österreichweite Kampagnen für wirksame Verhütungsmethoden. Zudem müsse die Verhütung auf Krankenschein endlich umgesetzt werden, insbesondere für wirksame Langzeitmethoden. (Stefanie Ruep, DER STANDARD, 21.6.2014)