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Die SPD verzichtet auf eine Posten in der neuen EU-Kommission, dafür soll Schulz aber Parlamentspräsident werden.

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Im Ringen von EU-Staaten und Parteien um die Besetzung der wichtigsten EU-Posten im Gefolge der Europawahl gab es am Freitag eine weitreichende Vorentscheidung. Die deutschen Sozialdemokraten verzichten darauf, dass die Regierung in Berlin den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz als EU-Kommissar nominiert. Er kann daher nicht - wie er es wollte - Vizepräsident der Kommission und Stellvertreter des nächsten Kommissionspräsidenten werden.

Dieser wird aller Wahrscheinlichkeit nach Jean-Claude Juncker heißen. Hinter der SPD-Entscheidung steht ein Deal zwischen den beiden großen Parteifamilien, den Sozialdemokraten und der Europäischen Volkspartei (EVP), die mit ihrem Spitzenmann Juncker die Wahl gewonnen hatte. Schulz soll dann weiter Präsident im Europaparlament bleiben.

Man arbeitet schon seit längerem am gemeinsamen Arbeitsprogramm für die künftige Kommission, das nach SP-Wunsch eine stärkere Berücksichtigung von Wachstums- und Beschäftigungspolitik bringen soll, aber auch eine Neuverteilung von Kompetenzen zwischen EU und Nationalstaaten, wie London das will.

SP-Spitzentreffen in Paris

An diesem Samstag sollte alles bei einem Treffen der SP-Spitzen in Paris auf Schiene gebracht werden. Präsident François Hollande wird als Gastgeber SPD-Chef Vizekanzler Sigmar Gabriel ebenso willkommen heißen wie Kanzler Werner Faymann, Italiens Premier Matteo Renzi und Schulz.

Dieser hat seine Position dazu noch nicht selber erklärt. Er ist erst am Mittwoch interimistisch zum Chef der SP-Fraktion im EU-Parlament gewählt worden (nach Hannes Swoboda) und kündigte an, in die Kommission einziehen zu wollen. Hinter den Kulissen sieht es anders aus. Die EVP wird Schulz für eine weitere "halbe" Amtszeit von zweieinhalb Jahren wählen, bestätigte ein hochrangiges EVP-Mitglied dem Standard.

Juncker ins Trockene bringen

Erste Priorität für die EVP, aber auch für die Sozialdemokraten hat nun erst einmal die Nominierung von Juncker durch die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am kommenden Freitag. Am Dienstag darauf steht die Wahl des Parlamentspräsidenten im Plenum in Straßburg an. Schulz muss eine Woche vorher, noch vor dem EU-Gipfel, seine Kandidatur bekanntgeben. Othmar Karas (ÖVP) tritt dann gar nicht erst an.

Wird Schulz Präsident, dürfte der interimistische Präsident Gianni Pittella, ein Sozialdemokrat aus Italien, SP-Fraktionschef werden. Ministerpräsident Renzi gilt nach dem Wahlerfolg als neuer starker Mann bei Europas SP. Großbritanniens Premier David Cameron will Juncker nach wie vor als Kommissionschef verhindern, dürfte aber klar in der Minderheit bleiben.

Das liegt vor allem an Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, die zum Deal mit der SPD steht, gibt ihr das doch die Möglichkeit, der CDU weiter einen EU-Kommissar zu sichern. Ob Günther Oettinger bleibt oder Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach Brüssel wechselt, ist offen. (DER STANDARD, 20.06.2014)