Ferran Adrià präsentiert das Projekt "Bullipedia".

Foto: ALexandra Föderl-Schmid

Barcelona - Es sprudelt aus Ferran Adrià nur so heraus: Der Katalane, der über viele Jahre als der beste Koch weltweit bekannt war, hat 2011 sein berühmtes Restaurant El Bulli in der Nähe von Barcelona geschlossen. Seither betreibt der für seine avantgardistische Molekularküche bekannte Adrià ein Laboratorium und versucht den Grundlagen der Lebensmittel und des Kochens auf die Spur zu kommen.

Er wolle die "DNA" unserer Nahrung entschlüsseln, sagte der graumelierte 50-Jährige vor Begeisterung sprühend bei einem Treffen des Global Editors Network in Barcelona. Der Starkoch zeigte jede Menge Grafiken, die die Struktur der Lebensmittel und des Kochens auf plastische Weise zeigen.

Foto: Alexandra Föderl-Schmid

Es geht ihm nicht nur um die Zusammensetzung von Produkten, sondern auch um den Ursprung von Geschmacksrichtungen sowie die Katalogisierung von Küchentechniken. Jeder der Bausteine ergebe einen Sinn, erläuterte Adrià. Dieser Dekonstruktivismus ermögliche neues Potenzial für Innovation und Kreativität - die beiden Schlagworte, die Adrià am häufigsten wiederholte.

Obst oder Gemüse?

Ihn treiben auch Fragen um, warum eine Avocado in Europa als Gemüse bezeichnet wird, in Kolumbien dagegen als Obst. Wie die Evolution Pflanzen verändert und welche Prozesse dahinter stehen, interessiert ihn ebenso. Was macht die Charakteristik eines bestimmten Lebensmittels eigentlich aus? Was ist die DNA des kulinarischen Prozesses? Der Starkoch sucht bewusst die Zusammenarbeit mit Universitäten und will etwa in Gesprächen mit Philosophen auch Hintergründe ausleuchten, "das Wesen der Nahrungsmittel erfassen".

Eigentlich wollte Adrià, der bewusst Katalanisch und nicht Spanisch spricht, nach der Bulli-Schließung in einer auf sieben Bände ausgelegten Sammlung die besten Rezepte herausgeben. Davon ist er abgekommen, denn er baut nach dem Vorbild von Wikipedia eine Bullipedia auf, eine Art Lebensmittellexikon im Internet. Von einer historischen Einführung ins Kochen über Küchenbegriffe bis zu schematischen Darstellungen von Strukturen soll auf der Website alles zu finden sein.

Foto: ALexandra Föderl-Schmid

Adrià präsentierte in Barcelona erste Entwürfe für eine iPad-Version. Wann das Projekt, das in Zusammenarbeit mit der spanischen Telefonica entsteht, tatsächlich online geht, darüber wollte der Drei-Sterne-Koch keine Auskunft geben. Wenngleich seinen Andeutungen zu entnehmen war, dass es noch heuer so weit sein könnte. Denn eigentlich sollte sein Rückzug aus der Küche nur zwei Jahre dauern. (Alexandra Föderl-Schmid, derStandard.at, 20.6.2014)