Karin Bauer mit Alexander Kontrus (Vorstand Waagner-Biro), Marc Groenewoud (General Manager Metro), Markus Mittermüller (Geschäftsführer Media4Jobs), Herwig Kummer (Leiter Personalentwicklung ÖAMTC), Erich Pichorner (Geschäftsführer ManpowerGroup Österreich) und MIchael Heinisch (Geschäftsführer Vinzenzgruppe)

Zurückhaltung, Diplomatie, möglichst wenig "exposure" nach allen Seiten, maximal hier und da eine kleine Andeutung möglicher Schieflagen in der Öffentlichkeit: so das alte Bild von heimischen Spitzenmanagern.

Wie radikal sich das geändert hat, zeigt sich im aktuellen Karrierenforum. Und damit wird sichtbar: Die Probleme der Firmen müssen größer sein. Thema der Runde: die Arbeitsmarkt-Paradoxie - also ein Heer von Arbeitslosen, das einem großen Fachkräftemangel gegenübersteht.

Erich Pichorner, Spitzenmanager des internationalen Personaldienstleisters Manpower, zu den Sozialpartnern: "Die Errungenschaften von gestern basieren auf den Voraussetzungen von gestern - wir brauchen dringend Flexibilisierung, von der Arbeitszeit bis zur Sozialversicherung. Jeder weiß es, keiner tut etwas."

Radikaler Umbau

Seit fünf Jahren werde in den Unternehmen schmerzhaft und radikal umgebaut. "Wenn sich die Gesellschaft diesen Schmerz erspart, dann werden wir in zehn Jahren schmerzhaft büßen."

Was alle betrifft, von der Metro-Gruppe bis zur Bühnentechnik der Waagner-Biro, hat er in Umfragezahlen gegossen: 41 Prozent der heimischen Unternehmen haben grobe Probleme, die gesuchten Leute, Fachkräfte und Nachwuchs zu finden.

Um welchen Umbau geht es? Wenig überraschend herrscht hierin große Einigkeit: vom Schulsystem über die Steuerlandschaft, arbeitsrechtliche Rahmen bis zum Wachwerden der Einzelnen.

Sich in die Pflicht nehmen

Sich selbst nehmen die Manager auch in die Pflicht in ihrer Berufsrolle: "Wir müssen noch viel mehr attraktive Arbeitgeber werden, ordentlich behandeln und ordentlich bezahlen.

Was steckt in dieser Selbstkritik? Marc Groenewoud, Generalmanager des Großhandelsriesen Metro - er baut gerade "vom distanzierten Händler in Richtung kundenzentrierter Dienstleister um -, formuliert als Kernbotschaft: "Führung auf Augenhöhe. Militärische Führung geht gar nicht mehr, mit diesen alten Bildern kommen wir nirgendwo hin."

Damit zeigt sich auch der enorme Wettkampf um Leute, die im System Wirtschaft etwas werden wollen, die sich reinhängen wollen. "Die Arbeitgeber haben sehr große Verlustängste", berichtet Markus Mittermüller, neuer Geschäftsführer der Medien-Serviceagentur Media4Jobs, aus seinem Alltag: "Mit Menschen drei Jahre planen zu können, da sind die meisten schon froh."

Bequemlichkeiten

Die Gemengelage: Bildungsexpansion, Online-Transparenz der Information über Betriebsklima und Arbeitsinhalte, dazu andere Werte, höhere Risikobereitschaft auf Basis besserer Absicherung auch aus den Elternhäusern.

Herwig Kummer, Personalentwicklungsleiter des ÖAMTC, ortet unumwunden auch ein großes "Bequemlichkeitsthema": immer weniger Nachwuchs und immer mehr, die so nicht "leisten" wollen. Damit erklärt die Runde auch das Thema Ältere: teuer und mit dem Rucksack der hohen "Abfertigung alt" bepackt - das sei ein Klischee. Viel öfter habe man das Thema einer nicht passenden Einstellung.

Michael Heinisch, Geschäftsführer des Spital- und Hospizbetreibers Vinzenzgruppe, schert da aus. Die demografische Kurve, also die Überalterung, treffe ihn ja doppelt: Mehr ältere Arbeitskräfte, mehr zu pflegende Ältere - in diesen Berufen seien die Erfahrungsjahre ein großer Vorteil.

Zu wenig Öffnung

Und die Kritik an den mangelnden Qualifikationen der Jungen? "Defizite der Vergangenheit, die sich angehäuft haben und jetzt voll da sind", erklärt Mittermüller. Unternehmen könnten nun einmal nicht vom Rechtschreiben bis zu Haltungsfragen und dem Neugierigmachen alles ausbessern. Dass eine verfehlte, mangelnde Zuwanderungspolitik die heimische Wirtschaft zunehmend lähme, schließt sich nahtlos als großes Thema an.

Alexander Kontrus, Vorstand im Bühnentechnikbereich der Waagner-Biro, spricht ein weiteres großes Kapitel an: Führungsjobs sind unattraktiv geworden. Offenbar will sich diese Rolle aufgrund der Situationen intern und marktseitig in den Unternehmen kaum mehr jemand antun. "Die Fachkräfte wollen solche bleiben." Abgesehen davon, dass technische Spezialisten, "die sich hinter dem Bildschirm verstecken", für die "Führung auf Augenhöhe" kaum geeignet seien.

Beim Thema der radikalen Umbrüche, des Fachkräftemangels, finden sich alle Firmenvertreter am Tisch wieder: von der Lohnverrechnung über technische Berufe, Kfz-Mechaniker, den Sales-Support bis zur Großhandelskauffrau - alle haben offene Stellen. Dass sie ihre ausgeschriebenen Profile öffnen und Menschen anders ansprechen müssen, haben sie erkannt.

Die dem zugrunde liegenden Themen und Wirkkräfte - von der Schule bis zur Motivation, mitzuarbeiten? "Da gibt es keine schnellen Lösungen." Mittermüller: "Wir sind alle gefordert - in allen Rollen, als Eltern, Bürger, in unseren beruflichen Positionen (Karin Bauer, DER STANDARD, 21./22..6.2014)