Wer sich im Einwanderungsland zu Hause fühle, müsse sich dort noch lange nicht assimiliert haben: So antwortet Gudrun Biffl, Migrationsforscherin an der Uni Krems, auf Aussagen des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan.

Im Mai hatte sich Erdogan bei einer Rede in Köln für Integration, aber gegen Assimilation der Türken in Deutschland ausgesprochen: "Meine Brüder und Schwestern, schaut, ich bin überzeugt, ihr habt bei der Integration niemals Probleme gemacht. Aber zur Assimilation sagen wir Nein. Wir machen bei unserer Religion, unserer Sprache, unserer Kultur keine Zugeständnisse", hatte er gesagt.

Besser integriert als angenommen

Von Assimilation ist die Rede, wenn Einwanderer ihre alten Verhaltenmuster aufgeben, um sich der Aufnahmegesellschaft völlig anzupassen. Unter Integration, so Biffl, sei hingegen ein Aufeinander-Zugehen von Aufnahmegesellschaft und Einwanderern zu verstehen. Man könne nicht behaupten, "das eine ist gut, das andere ist schlecht", meint sie. Am Ende des Tages komme es darauf an, was die jeweiligen Bevölkerungsgruppen selber wollten.

In Österreich sind türkische Einwanderer laut der Migrationsexpertin weit besser integriert als vielfach angenommen. Laut dem Bericht zu Migration und Integration würden sich 52 Prozent der in Österreich lebenden Türkinnen und Türken hierzulande als "völlig heimisch" empfinden, weitere 30 Prozent als "eher heimisch". Nur 7,5 Prozent würden sich als "überhaupt nicht heimisch" betrachten. Der vor fünf Jahren auf EU-Druck erstellte Nationale Aktionsplan Integration habe einiges verbessert.

Kritik am Umgang mit den Menschenrechten in der Türkei kam anlässlich des Erdogan-Besuchs von Amnesty International: Aufdeckerische Journalisten würden Haftstrafen ins Auge sehen, in Polizeigewahrsam sei Folter nach wie vor weit verbreitet, die Rechte Homo- und Bisexueller sowie von Transgenderpersonen würden ebenso verletzt wie jene von Flüchtlingen, sagte Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty Österreich.

Polizeigewalt in Gezi-Park

Konkret zählte Patzelt etwa "unangemessene Gewalt bei der Auflösung friedlicher Demonstrationen rund um den Instanbuler Gezi-Park", die zeitweise Sperrung von Youtube und Twitter sowie die Situation von syrischen Flüchtlingen in türkischen Aufnahmelagern auf. (APA, bri, DER STANDARD, 19.6.2014)