Hunderttausende Schüler in Ostösterreich stecken derzeit inmitten der sinnlosesten Zeit des Schuljahres – jenen zwei Wochen zwischen Notenschluss und Schulschluss, in denen weder beurteilt noch unterrichtet wird und niemand genau weiß, warum man bei schönem Wetter in der Schule sitzen muss. (Im Westen beginnt das erst am kommenden Montag.)

Gelegentlich gelingt es Lehrern, ein spannendes Programm zu gestalten. Meistens aber werden die Stunden bis zur Schulglocke totgeschlagen.

Argument aus der Postkutschenära

Die Begründung für diese Regelung – es braucht halt so lange, bis die Zeugnisse ausgefertigt und unterschrieben sind – klingt wie ein Argument aus der Postkutschenära. In Zeiten moderner Datenverarbeitung muss es doch selbst in großen Schulen möglich sein, Zeugnisse nach Noteneingabe innerhalb von 48 Stunden bereit zu haben.

Der Notenschluss könnte zumindest um eine Woche nach hinten verschoben werden, wenn nicht überhaupt auf den Dienstag vor Schulschluss.

Schulnachricht zu Schulschluss

Wenn Juristen darauf pochen, dass offizielle Dokumente längere Fristenläufe brauchen, dann könnte man am Zeugnistag nur eine Schulnachricht (wie im Semester) verteilen und das echte Zeugnis per Post verschicken. Das ist zwar aufwändig, aber weitaus weniger als zwei Wochen sinnloses Herumsitzen.

Schüler aus anderen Ländern, in denen bis zum Schulende gearbeitet wird, weil die Abschlussprüfungen am letzten Tag stattfinden, begreifen das österreichische System nicht – mit gutem Grund.

Gräuel für Lehrer, Dilemma für Eltern

Es ist für die Lehrer ein Gräuel, weil sie kaum eine Möglichkeit haben, für Disziplin und Aufmerksamkeit zu sorgen. Eltern vor allem von älteren Kindern stehen im ständigen Dilemma, ob sie diese schwänzen lassen oder zum Schulbesuch verpflichten sollen.

Und selbst für die Schüler ist es nur ein halbes Vergnügen. Vor allem lernen sie daraus, dass man sich manchmal an sinnlose Vorschriften - wie die Anwesenheitspflicht nach Notenschluss - halten muss; oder aber, dass es in Ordnung ist, solche Regeln einfach zu missachten. Denn gerade in den höheren Schulstufen sind die Klassen halbleer.

Wiederholungsprüfungen wurden vorverlegt

Vor einigen Jahren wurden mit viel Aufwand die Wiederholungsprüfungen auf die letzten beiden Ferientage verlegt, damit zu Schulanfang nicht zwei Tage verloren gehen. Aber um die verschwendeten Wochen zu Schulschluss kümmert sich niemand.

Mit einem moderaten Aufwand an Reorganisation und IT-Ausstattung ließe sich der Notenschluss nach hinten verschieben. Damit könnte man fünf bis sieben Tage regulären Unterricht jedes Jahr dazugewinnen – und das ohne zusätzliche Kosten.

Weniger Stress in letzten Wochen

Die Extrazeit könnte entweder für mehr Lehrstoff genutzt werden oder aber dafür, den Schülern mehr Zeit zu geben, wenn sie es wirklich brauchen, und so den Stress der letzten Wochen zu reduzieren.

Es wäre auch ein kleiner Beitrag zu besseren Pisa-Ergebnissen - eine echte Win-win-Situation für Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. (Eric Frey, derStandard.at, 18.6.2014)