Othmar Karas nach der EU-Wahl.

Brüssel/Wien - Lobbyismuswächter haben den ÖVP-Europaabgeordneten Othmar Karas für seine angeblichen Verbindungen zur Tabakindustrie kritisiert. Die NGO Corporate Europe Observatory sieht Karas ganz oben in der Kontaktliste von Konzernen wie Philip Morris. Zum Vorwurf macht die Gruppe dem Vizepräsidenten des Parlaments seine angeblich regelmäßigen Kontakte mit Lobbyisten und eine positive Haltung zu Industrievorschlägen.

Die Lobbywächter aus Brüssel beziehen sich in ihrem unlängst veröffentlichten Bericht auf von der britischen Zeitung "Guardian" im Vorjahr veröffentlichte Dokumente des Tabakkonzerns Philip Morris. In diesen werden detailliert die Kontakte zwischen Lobbyisten und Abgeordneten geschildert.

Gemeinsames Frühstück

Laut den Unterlagen war Karas als ÖVP-Delegationsleiter und Vizepräsident ein wichtiger Ansprechpartner für die Industrievertreter. In dem Dokument aus dem Jahr 2012 wird angeführt, Karas organisiere ein gemeinsames Frühstück von österreichischen Abgeordneten mit Vertretern von Philip Morris Deutschland, dem japanischen Tabakkonzern JTI und dem Filterhersteller Trierenberg. Bei dem Essen solle die geplante Tabakrichtlinie besprochen werden, die im Februar dieses Jahres beschlossen wurde.

Die Lobbywächter bringen den Fall auch mit der Mitgliedschaft von Karas in der Känguru-Gruppe in Verbindung. Dabei handelt es sich um einen Verbund von Industrievertretern und Politikern. Karas war früher Präsident der Gruppe, in der ein führender Lobbyist von Philip Morris, Kristof Doms, Mitglied ist. Erwähnt wird auch, dass Karas früher Stefan Pinter als Assistenten beschäftigte, der nun als Lobbyist für Philip Morris Austria arbeitet.

"Ich spreche mit jedem"

Karas wies ein Naheverhältnis zur Tabakindustrie zurück. "Ich spreche mit jedem, lasse mir aber von niemandem die Hand führen", sagte er laut einem Sprecher. Sein Abstimmungsverhalten sei ausgesprochen unfreundlich gegenüber der Tabakindustrie gewesen. So habe er sich gegen die Linie seiner Fraktion für größere Warnhinweise auf Zigarettenschachteln eingesetzt. Ein Frühstück mit Lobbyisten habe nie stattgefunden.

Die Arbeit der Tabakindustrie in Brüssel sorgt immer wieder für Skandale. Im Herbst 2012 war Gesundheitskommissar John Dalli nach Vorwürfen zurückgetreten, er solle von einem Deal mit Lobbyisten profitiert haben. Ihm wurde vorgeworfen, ein Bekannter habe rund 60 Millionen Euro von einer schwedischen Tabakfirma für Einflussnahme auf eine neue Tabakverordnung verlangt. Die Affäre löste ein Diskussion über die Rolle von Lobbyisten in der EU und um die enge Zusammenarbeit führender Tabakkonzerne mit der EU gegen den Zigarettenschmuggel aus. (APA, 18.6.2014)