Schulen die Vorstellungskraft: Alexandra Maria Lara und Edward Hogg in "Imagine".

Foto: Thimfilm

Die Augenklinik in Lissabon, in der Ian (Edward Hogg) seine neue Stelle als Lehrer antritt, scheint aus einem anderen Jahrhundert zu stammen. Weiß gekalkte Mauern, ein Rosengarten im Innenhof, Singvögel auf dem Fensterbrett. Diese Schönheit möchte Ian, selbst ohne Sehvermögen, auch seine jugendlichen Schüler erfahren lassen: Mit allen zur Verfügung stehenden Sinnen, aber jedenfalls ohne Hilfsmittel, gilt es der Welt neu zu begegnen. Liegt draußen im Hafen nicht ein riesiges Schiff vor Anker? Warum sollte es Ian und der jungen Eva (Alexandra Maria Lara) verwehrt bleiben, nur zu zweit das kleine Straßencafé an der Ecke zu besuchen?

Der polnische Filmemacher Andrzej Jakimowski versteht Imagine als eine spirituelle Reise, im Laufe deren nicht nur seine Figuren ihre Blindenstöcke fallenlassen, sondern vor allem uns Zuschauern die Augen für die Schönheit der Welt geöffnet werden sollen. Das Ergebnis ist eine tatsächlich lehrerhafte Anleitung für die Suche nach einem vorgeblich wahren Wert des Lebens. Was dieser sonnendurchflutete Film jedoch vergisst: Im Kino sieht man nicht nur mit dem Herzen gut. (pek, DER STANDARD, 18.6.2014)