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Komponenten für Solaranlagen sind nur eine Anwendung für die effizientere Umwandlung von Energie. Forscher wollen zeigen, wie viel Strom mit besserer Elektronik eingespart werden kann. 

Foto: REUTERS/Airman 1st Class Nadine Y. Barclay/U.S. Air Force

Kapfenberg - Wenn der Strom aus der Steckdose fließt, hat er bereits einen langen Weg hinter sich. Zwischen dem Kraftwerk und dem Endverbraucher wird er mehrfach umgewandelt, was in Summe zu einem beträchtlichen Energieverlust führt. So durchläuft selbst die Stromversorgung eines Handys für interne Schaltungen und das Display eine Reihe höchst verlustreicher Umwandlungsstufen.

Die Lösung bringt Leistungselektronik: Sie kann Verluste bei der elektronischen Energieumwandlung nahezu stoppen. Berechnungen für die USA haben ergeben, dass man auf diese Weise in den nächsten zehn Jahren auf rund 100 kalorische Kraftwerke verzichten könnte. Ein Einsparungspotenzial, auf das auch Europa nicht verzichten sollte. Zumal hier immer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, was zusätzliche Umwandlungsstufen und damit mehr Elektronik erfordert.

Prototypen-Förderung

Um die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben und die Wirtschaft zu motivieren, entsprechende Komponenten zu produzieren, wurde am Standort Kapfenberg der Fachhochschule Joanneum soeben das Research Studio "Joanneum Power Electronics Center" gegründet. Das Projektvolumen liegt bei rund 1,6 Millionen Euro. Die Finanzierung, die zu 70 Prozent vom Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium getragen wird, erfolgt auf vier Jahre im Rahmen des Schwerpunkts "Energie- und Ressourceneffizienz" .

Ziel des Programms ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung prototypisch umzusetzen. "Wir sehen die Förderung als Chance, um international als Zentrum für moderne Leistungselektronik bekannt zu werden", sagt Hubert Berger, Leiter des Transferzentrums Industrielle Elektronik an der FH Joanneum und oberster Forscher des neuen Research Studios. Er hofft, dass die bereits bestehenden Partnerschaften mit der Industrie auf diese Weise erweitert werden können.

Innerhalb der nächsten vier Jahre sollen die theoretischen und praktischen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass die elektronische Energieumwandlung deutlich effizienter wird. "In technischer Hinsicht hat es in den letzten Jahren enorme Entwicklungssprünge gegeben, die Umsetzung hinkt allerdings noch nach", erläutert Berger. "Deshalb wollen wir im Research-Studio demonstrieren, wie viel Energie mit neuester Elektronik eingespart werden kann und wie man eine hocheffiziente, kompakte Energieumwandlung zustande bringt." Zusatz: Durch neue Komponenten und Materialien werden die Geräte zur Energieumformung um ein Vielfaches kleiner und damit günstiger in der Herstellung.

Besonders wichtig ist den Forschern ein ganzheitlicher Ansatz, nur so könne man die Vorteile innovativer Komponenten voll ausschöpfen. Im "Joanneum Power Electronics Center" will man deshalb künftig auch neue Schaltungstechnologien und Hochleistungsechtzeit-Microcomputerplattformen simulieren und analysieren.

Vorbild Schweiz

Während in den ersten beiden Projektjahren der Schwerpunkt auf der Entwicklung von funktionellen Prototypen liegt, will man sich in den darauffolgenden zwei Jahren vor allem dem Aufbau von Wirtschaftskooperationen und der industriellen Umsetzung der Innovationen widmen. "Unser Ziel ist es, das Projektvolumen durch Firmenkooperationen letztlich zu verdoppeln", sagt Berger.

Eng kooperiert man auch innerhalb der Fachhochschule - mit den Instituten "Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering", "Luftfahrt / Aviation" und "Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement". Das große Vorbild auf internationaler Ebene ist die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich, die im Bereich der Leistungselektronik als weltweit führend gilt.

Schon jetzt arbeiten die steirischen Forscher aktiv an der Entwicklung von Prüfsystemen, etwa für Photovoltaikanlagen oder Solarwechselrichter. Der Bedarf an hochwertigen Komponenten für diese Geräte steigt stetig. Man will sich aber nicht mit der Entwicklung verbesserter Komponenten zufriedengeben: "In Kooperation mit unseren Wirtschaftspartnern wollen wir etwa Solarwechselrichter, Elektroantriebe und Ladesysteme für E-Fahrzeuge oder Prüfsysteme für Windenergieanlagen fertigen", sagt Berger.

Er hofft auch auf Spin-offs für neue Produktentwicklungen. Fest steht: Der Bedarf an elaborierter Power-Elektronik durch den Aufschwung von Elektromobilität, Smart Grids und erneuerbaren Energieträgern wird weiter ansteigen. Und damit auch die Chance auf neue Hightechprodukte. (Doris Griesser, DER STANDARD, 18.6.2014)