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Ewald Stadler ist wegen schwerer Nötigung angeklagt.

Foto: apa/Hochmuth

Wien - Der Nötigungsprozess gegen Ewald Stadler ist am Dienstag mit der Einvernahme von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl fortgesetzt worden. Er habe das Verhalten von Stadler als Drohung empfunden, sagte Kickl. Stadler hatte im Dezember 2006 laut Parteivize Johann Gudenus die Veröffentlichung von inkriminierenden Fotos von FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache in den Raum gestellt.

Anklage: Schwere Nötigung

Stadler steht im Zusammenhang mit der "Paintball"-Affäre vor Gericht, die sich um die Anfang 2007 öffentlich bekannt gewordenen "Wehrsport"-Jugendfotos Straches dreht. Die Staatsanwältin wirft Stadler in der Anklage schwere Nötigung vor, der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahre Haft. Stadler soll laut Anklage im Dezember 2006 Strache gedroht haben, diese Fotos zu veröffentlichen, um damit die weitere Förderung der von ihm geleiteten Freiheitlichen Akademie zu erzwingen. Denn Strache hatte eine zweite Bildungseinrichtung, das Freiheitliche Bildungsinstitut, gegründet, und die Förderungen sollten an dieses Institut gehen. Stadler hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

"Ich habe das so empfunden"

Kickl sagte am Dienstag auf die Frage der Staatsanwältin, ob er die Aussagen Stadlers vom 22. Dezember 2006 (die dieser laut dem damaligen RFJ-Obmann Johann Gudenus bei einem Treffen mit ihm getätigt haben soll) als "massive Drohung" angesehen habe: "Ich habe das so empfunden." Stadler soll damals gegenüber Gudenus mit der Veröffentlichung der Fotos gedroht haben sowie mit der Veröffentlichung weiterer für Strache unangenehmer Geschichten.

"Strache das Genick brechen"

Wie schon Zeugen vor ihm berichtete auch Kickl davon, dass es an jenem 22. Dezember nach dem angeblichen Treffen zwischen Gudenus und Stadler (sowie dessen Mitarbeiter Robert Stelzl) in Straches Büro zu einer Beratung mehrerer FPÖ-Spitzenfunktionäre gekommen sei. Gudenus habe dort berichtet, Stadler habe klargemacht, dass Strache ein Nicht-Einlenken in Sachen Freiheitliche Akademie politisch nicht überleben werde, so Kickl. Sollten Stadlers Forderungen nicht erfüllt werden, dann werde über Weihnachten eine "Kettenreaktion" ausgelöst, die Strache "das Genick brechen" werde, berichtete Kickl.

Bei dem Treffen in Straches Büro sei aber klar gewesen, dass man sich auf gar keinen Fall erpressen lasse. Auch der ebenfalls am Dienstag einvernommene zweite Wiener Landtagspräsident Johann Herzog sagte, er sei bei dem Treffen dabei gewesen. Gudenus habe dabei einen sehr aufgeregten Eindruck gemacht. Näher sei er in die Geschehnisse nicht involviert gewesen.

Schlechtes Verhältnis

Kickl berichtete dem Gericht davon, dass sich das Verhältnis zwischen Stadler und Strache bereits vor dem Juli 2006 merklich verschlechtert habe. Grund sei die Auseinandersetzung um die Listenerstellung für die Nationalratswahl 2006 gewesen. Strache habe bei einer Vorstandssitzung ihn selbst für den dritten Listenplatz vorgeschlagen. Diesen Platz habe aber Stadler für sich in Anspruch genommen.

Daraufhin habe es intensive Auseinandersetzungen gegeben, Strache sei aber bei seiner Entscheidung geblieben. "Von da an hat sich die Stimmung merkbar verschlechtert", sagte der Generalsekretär. Am Rande der Sitzung habe man von Stadler auch "Wortfetzen" vernommen, die er sinngemäß mit "Das zahle ich dir heim" oder "Du wirst dich noch wundern" in Erinnerung habe, sagte Kickl.

Kickl berichtete außerdem von dem Konflikt um ein von der Partei gewünschtes Darlehen der Freiheitlichen Akademie in Höhe von etwa 100.000 Euro. Diesem Ansinnen sei Stadler "immer sehr positiv gegenübergestanden, erst bei der Trendwende im Sommer 2006 dann nicht mehr". Es sei dann "offensichtlich" gewesen, dass Stadler versucht habe, "im Hinblick auf die Akademie einen eigenständigen Weg zu gehen".

Stadler entgegenwirken

Schließlich habe die Partei sich entschlossen, das Freiheitliche Bildungsinstitut aufzubauen, um einer Verselbstständigung der von Stadler geleiteten Akademie entgegenzuwirken. "Und ab dem Moment haben sich Ereignisse überschlagen."

Gefragt, wie die Fotos in die Medien gekommen seien, sagte Kickl, diese habe Strache selbst Mitte Jänner bei einem ORF-Interview mitgebracht. Grund sei gewesen, dass Gerald Grosz vom BZÖ mehrmals öffentlich von belastenden Fotos gesprochen habe, auch medial sei das Thema aufgekocht. Daher sei der "Gang in die Öffentlichkeit" besser gewesen, so Kickl.

Fotos zugespielt

Die "Paintball"-Fotos, die Strache dann im ORF vorgelegt hatte, stammten laut Kickl aus einem Brief, den Stadler bereits in den Weihnachtsfeiertagen an den FPÖ-Anwalt Hilmar Kabas gesendet habe. Darin habe Stadler erklärt, es seien ihm die Fotos zugespielt worden - und er müsse Kabas darauf hinweisen, "dass das von unglaublicher Brisanz ist und dass man davon ausgehen muss, dass das sicher nicht intern bleibt und dass der Parteiobmann auf gut Deutsch ein Schaden für die Partei ist", sagte Kickl.

Von Stadler gefragt, warum die Partei aber behaupte, dass er es gewesen sei, der die Fotos an die Öffentlichkeit gespielt habe, meinte Kickl, es sei eben die Frage, was man unter "Öffentlichkeit" versteht. Denn schon vor Straches Auftritt im ORF habe der ORF-Journalist Hanno Settele von den Fotos Kenntnis gehabt, auch im Parlament sei darüber schon diskutiert worden.

Diskussion um Zeugen

Die Verhandlung im Nötigungs-Prozess gegen Stadler ist am Dienstag mit einer Diskussion zwischen Verteidigung und Richterin Andrea Philipp um weitere Zeugenladungen und die Verschriftlichung der Einvernahme von FP-Chef Heinz-Christian Strache zu Ende gegangen. Die Verteidigung will eine erneute Beschuldigten-Einvernahme und wünscht dazu das Protokoll, Philipp hält dies für nicht notwendig.

Die Verteidigung Stadlers sowie des Zweitangeklagten Robert Stelzl (Mitarbeiter des scheidenden EU-Parlamentariers) beantragte am Schluss des Prozesstages eine weitere Beschuldigten-Einvernahme. Dazu brauche es das verschriftlichte Protokoll der Einvernahme von Strache, hieß es. Die Richterin verwies zunächst darauf, dass das Protokoll bis zum geplanten nächsten Prozess-Termin am Mittwoch aus Zeitgründen nicht vorliegen werde. Sie erachtete dies aber auch als nicht notwendig, da ohnehin alle Beteiligten bei der Einvernahme Straches am Montag anwesend gewesen waren.

Darüber hinaus beantragte die Verteidigung die Ladung weiterer Zeugen, u.a. jene des ORF-Journalisten Hanno Settele. Dieser soll laut Zeugenaussagen bereits vor der Vorlage der inkriminierenden Fotos durch Strache selbst (im ORF, Mitte Jänner) von den Fotos Bescheid gewusst haben. Daher will die Verteidigung Settele als Zeuge laden. Über diese und weitere Ansuchen will Philipp erst am Mittwoch entscheiden, wie sie zum Abschluss der Verhandlung sagte.

Die Verhandlung werde daher am Mittwoch um 9.00 Uhr mit den bereits geplanten Zeugeneinvernahmen fortgesetzt, sagte die Richterin. Geladen sind FPÖ-Seniorensprecher Werner Neubauer, Stadlers Ehefrau Hildegard, die frühere FPÖ-Bundesgeschäftsführerin Martina Schenk (später BZÖ) sowie der Wiener Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein. "Dann schauen wir, ob wir noch einen Termin brauchen", sagte Philipp.

Einvernahmen von Stefan und Nepp

Zuvor hatten FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan und der Wiener Bildungssprecher Dominik Nepp am Nachmittag als Zeugen ausgesagt. Stefan hatte in seiner Funktion als Notar im Jahr 2006 u.a. einen Aktenvermerk nach dem Treffen der FPÖ-Parteispitze in Straches Büro in Verwahrung genommen. Darin sind die Aussagen von Johann Gudenus nach dessen angeblichen Treffen mit Stadler und Stelzl festgehalten, bei dem Stadler mit der Veröffentlichung der Fotos und weiterer inkriminierender Dinge über Strache gedroht haben soll. Stefan sagte zu diesem Aktenvermerk, er sei nicht persönlich bei dem Gespräch zwischen Strache, Gudenus und anderen Mitgliedern der Parteispitze dabei gewesen. Strache habe ihm das Schriftstück am Abend des 22. Dezember übergeben.

Auch bei der Zeugeneinvernahme von Dominik Nepp, der 2006 Mitarbeiter im Büro Stadlers war und heute als Landtags-Abgeordneter der FPÖ im Wiener Rathaus sitzt, ging es vor allem um die Fotos. Nepp zeigte bei seiner Einvernahme Erinnerungslücken, er gab aber zu Protokoll, dass er die Bilder "Anfang 2007" auf Stadlers Schreibtisch in dessen Büro liegen gesehen habe. Die Frage, ob er jemals von Stadler oder Stelzl gebeten worden sei, inkriminierende Fotos von Strache aufzutreiben, verneinte er.

Allerdings habe er wiederholt mit Gudenus und Strache - denen er freundschaftlich verbunden sei - zur damaligen Zeit über allfällig vorhandene Fotos gesprochen. "Das Thema hat alles anderen überschattet", sagte Nepp. Klar sei es aber (vor der Veröffentlichung) für ihn nicht gewesen, dass es derartige Bilder gebe. (APA, 17.6.2014)