Tatjana Lackner.

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Würde sich jemand die Mühe machen, alle ideologischen Ausrichtungen und Lebensbetrachtungen dieser Welt nach ihren überzeugten Anhängern zu listen, könnte untersucht werden: Welche Argumentation hat die meisten Menschen berührt und warum?

Wer erfolgreich verkaufen möchte, muss überzeugend sprechen können. Kunden und Kaufentscheidungen werden durch Worte gewonnen, nicht durch Telepathie. Lingumarketing beschreibt das Zusammenspiel aus gutem Marketing und gezielter Rhetorik. "Lingua" bedeutet im Lateinischen "Sprache" bzw. "Zunge" und steht für trainierte Redeperformance. Warum ist also jemand Vegetarier und ein anderer überzeugter Nihilist? Welche Argumente und Konzepte trennen den modernen Kommunisten vom Wirtschaftsliberalen?

Rhetorische Akquisition

Inhalte sind wichtig, klar. Doch: Die Botschaft muss erst überzeugend erzählt und transportiert werden. Wer in der rhetorischen Akquisition auf die richtigen "Gates" setzt, der gewinnt zahlende Unterstützer. Vorstellen können Sie sich das wie einen Flughafen mit verschiedenen Gates, durch die statt Touristen Informationen fließen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Flughafen im Kopf, der eine hat 1000 Gates darin, der andere nur drei.

Allen Gates ist gemeinsam, dass nur die Information relevant ist, die in ein Gate passt. Erzählen Sie beispielsweise einem unsportlichen Kunden von der letzten Bergtour, wird ihn das wenig interessieren, da er das Gate "Sport" nicht hat und aufgrund dessen nichts damit anfangen kann. Klettert er hingegen selbst auf die Berge, wird er sich mit Ihnen prächtig verstehen. Gemeinsame Gates sind gemeinsame Schnittpunkte in der Kommunikation. Manchen Menschen fällt die Kunst des Smalltalks nur deshalb schwer, weil sie keine Schnittpunkte mit ihrem Gegenüber finden können oder wollen.

Dominante Themen filtern

Natürlich haben unsere Gates nicht alle den gleichen Stellenwert, jeder hat Subgates (Untertore). Ein Beispiel: "Geld" ist für viele Menschen ein bestimmender Faktor und stellt ein Hauptgate dar. Für den einen ist es wichtig, weil er sich damit Sicherheit kauft oder Gestaltungsfreiräume. Der andere muss auf sein Geld schauen, weil er arm ist. Beide haben zwar die gleiche Themendominante, jedoch völlig unterschiedliche Subdominaten. Dem Dritten wiederum geht es um Luxus, da er es genießt, sich mit schönen Dingen zu umgeben.

Fazit: Das Verkaufsgespräch mit einem Schnäppchenjäger ist demnach anders zu führen als mit dem Status-Käufertyp. Der schlechte Verkäufer spricht nur über den Preis, der bessere erkennt, welchen Wert das begehrte Produkt für seinen Konsumenten hat - um Geld geht es schließlich bei beiden. (DER STANDARD, 14.6.2014)