Wien - Acht Prozent der österreichischen Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren gelten als vorzeitige Bildungsabbrecher. Das zeigt eine im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) erstellte Studie von Mario Steiner (Institut für Höhere Studien). Sie verfügen maximal über einen Pflichtschulabschluss und sind aktuell nicht in Ausbildung. In absoluten Zahlen umfasste diese Problemgruppe 2012 75.000 Personen.

Programm gegen Bildungsabbruch

Die AK fordert "dringend ein Programm gegen den Bildungsabbruch in Schule und Lehre", so die Leiterin des Bereichs Bildung, Melitta Aschauer, laut einer Aussendung. Vor dem Wechsel in weiterführende Ausbildungen müsse die Berufsorientierung verbessert werden. In den berufsbildenden Schulen sei mehr Förderung beim Einstieg nötig, in der Lehrausbildung Qualitätsmanagement etwa durch die Einführung von Kompetenzchecks bereits während der Lehrzeit.

Anteil leicht gesunken

Der Anteil an vorzeitigen Bildungsabbrechern ist laut der bei einer AK-Veranstaltung am Montagnachmittag präsentierten Studie in den letzten Jahren gesunken - von zehn Prozent im Jahr 2008 auf 8,6 Prozent 2010 und eben 7,9 Prozent im Jahr 2012. Im internationalen Vergleich ist der Österreich-Wert verhältnismäßig gering (EU-27: 12,9 Prozent).

Besonders oft brechen Jugendliche mit Migrationshintergrund (bis zu 26 Prozent), Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern (18,2 Prozent) und mit arbeitslosen Eltern (17,7 Prozent) vorzeitig ab. Zum Vergleich: Nur 4,7 Prozent der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund sind solche c", 2,9 Prozent der Kinder von Eltern mit mindestens Matura und 5,5 Prozent der Kinder von Beschäftigten.

Auch die Auswirkungen des Abbruchs wurden untersucht: Demnach beträgt die Arbeitslosenquote der frühen Abbrecher 12,4 Prozent - bei Jugendlichen mit Abschluss der Sekundarstufe II (also etwa Lehre, berufsbildende mittlere Schule oder Matura) dagegen nur 6,9 Prozent. Und falls die Niedrigqualifizierten doch einen Job finden, handelt es sich in drei Viertel der Fälle um Hilfstätigkeiten. Darüber hinaus sind knapp 30 Prozent der "Early School Leavers" außerhalb des Arbeitskräftepotenzials ("Out of Labor Force", also etwa ausschließlich im Haushalt tätig oder in Pension).

Ebenfalls untersucht wurde eine Untergruppe - nämlich jene Jugendlichen, die ohne Pflichtschulabschluss geblieben sind. Dabei handelt es sich um 3,9 Prozent einer Alterskohorte: Sie haben nicht einmal die Hauptschule / Neue Mittelschule oder eine AHS-Unterstufe abgeschlossen. Dieser Wert schwankt zwischen den Bundesländern deutlich: Die niedrigsten Werte werden im Burgenland verzeichnet (2,6 Prozent), die höchsten in Vorarlberg (5,4 Prozent) und Wien (5,6 Prozent). Burschen (4,9 Prozent) sind stärker betroffen als Mädchen (2,8 Prozent).

Besonders große Unterschiede in Tirol und Vorarlberg

Deutliche Unterschiede gibt es auch zwischen Jugendlichen mit deutscher Umgangssprache (2,7 Prozent ohne Pflichtschulabschluss) und mit nichtdeutscher Umgangssprache (9,6 Prozent). Interessantes Detail: Diese Werte sind je nach Bundesland unterschiedlich stark ausgeprägt: Während im Burgenland und in Kärnten die Lücke nicht allzu stark auseinanderklafft, bleiben in Tirol 2,9 Prozent der deutschsprachigen Schüler ohne Pflichtschulabschluss, aber 12,1 Prozent der nichtdeutschsprachigen. In Vorarlberg beträgt das Verhältnis sogar 2,8 Prozent zu 16,9 Prozent. "Wenn man annimmt, dass das Kompetenzniveau der MigrantInnen gleich über Österreich verteilt ist, kann aus diesem Befund der Schluss gezogen werden, dass die Tiroler und Vorarlberger Pflichtschulen wesentlich sozial selektiver sind als im Rest von Österreich", heißt es in der Studie. (APA, 16.6.2014)