Vespisti aus 32 Ländern trafen sich am vergangenen Wochenende in Mantua, um dem Kultroller zu huldigen, ihn zu feiern und zu fahren

Beinahe 3.000 Kilometer haben drei Russen auf ihren Vespas hinter sich gebracht, als sie im italienischen Mantua beim World Vespa Day ankommen.

foto: piaggio

Von Sankt Petersburg fuhren sie in mehreren Etappen bis in die Lombardei. Mantua, das ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, eine recht schöne Stadt mit fast 50.000 Einwohnern, einem eindrucksvollen Palazzo Ducale und den drei Seen Lago Inferiore, Lago di Mezzo und Lago Superiore, die vom Fluss Mincio gespeist werden.

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Innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern – unter den Gonzagas erlebte die Stadt zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert seine Blüte – befinden sich eindrucksvolle Bauwerke, herrliche Cafés, erstklassige Restaurants und immer wieder kleine Erinnerungshilfen an den Rennfahrer Tazio Nuvolari, den fliegenden Mantuaner.

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Um den Kern herum spielen Natur und Landwirtschaft die größte Rolle – nur nicht am vergangenen Wochenende. Da suchten, wie unsere drei Russen, noch weitere rund 6.000 Vespisti – davon 4.000 offiziell gemeldete – die Stadt auf, die vom Tourismus bis heute sonst relativ verschont bleibt.

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Tagsüber ziehen Karawanen von Vespas über die Landstraßen rund um Mantua, halten an den Sehenswürdigkeiten der Orte in der Umgebung und tauchen die Gegend in den Geruch von verbranntem Zweitaktgemisch – verleihen ihr noch mehr Flair einer längst vergangenen Zeit.

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Obschon – inzwischen mischen sich auch viele Viertakt-Vespas unter die Teilnehmer. Und anders als noch 2009, beim World Vespa Day in Zell am See, sind die neuen Vespas inzwischen genauso akzeptiert wie die alten.

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Es geht ausgesprochen geordnet zu. Klar, eine Vespa aus den 1960er-Jahren verleitet jetzt weder zum Rasen noch zum Wheelen. Und Burnout-Feste gibt es hier auch nicht. Auch wenn da und dort bei einer von der Organisation geführten Tour kurz ein Kreisverkehr gesperrt oder eine Kreuzung blockiert wird oder wenn sich hinter dem Trupp ein kleiner Stau bildet - die Italiener nehmen die Vespisti mit Begeisterung auf, jubeln ihnen zu.

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Und wenn es doch einmal einer eilig hat und zum Überholen ansetzt, reihen sich die Vespisti kurz am rechten Fahrbahnrand an und lassen den Wagen vorbei. Bei Einsatzwagen der Rettung und Polizei sorgen sogar die Guides selbst dafür, dass binnen kürzester Zeit eine Schneise frei ist. So viel Ordnung ist in Italien schon ein wenig entrisch.

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Langweilig ist ein derartiges Treffen von Enthusiasten trotzdem nicht. Statt sich sinnlos volllaufen zu lassen, erzählt man sich hier Geschichten vom letzten Jahr. Denn der World Vespa Day ist wie ein alljährliches Klassentreffen der Vespisti, die sich auch vor mehrtägigen Touren nicht scheuen.

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Hervorgegangen ist der World Vespa Day aus der 1954 erstmals abgehaltenen Eurovespa, die bis 1970 und ab 1980 jährlich stattfand. Und auch wenn heut der Großteil der Vespisti noch aus Europa kommt, finden sich auch Rollerfreunde aus anderen Kontinenten in Mantua ein.

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Neben einigen Amerikanern, die schon allein von der historischen Stadt und dem Essen so fasziniert sind, dass sie aus dem Staunen nicht herauskommen, treffe ich auch auf Orin. Er ist Präsident des Vespaclubs Israel. "So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt er. "Wir haben rund 150 Mitglieder, und bei einem großen Treffen kommen wir auf rund 60 Vespas – aber das hier ist einfach der Wahnsinn.“

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"Das Schöne an so einem Vespatreffen ist“, sagt Laura aus Österreich, die ihre Vespa mit dem Van nach Mantua gebracht hat, „dass wir uns selbst nicht so ernst nehmen. So hässlich kannst du eine Vespa gar nicht herrichten“, meint sie und zeigt auf eine grüngelbe Vespa, die voll mit Aufklebern ist, "dass nicht gleich eine Traube Fans davorsteht und sie bewundert.“

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Die wahren Eyecatcher hier sind aber natürlich die ganz alten Modelle aus den 1960er-Jahren, die noch im Originalzustand zu sein scheinen, Beiwagen-Vespas, und natürlich die komplett aufgemotzten oder vollständig abgeräumten Modelle. Dazu gehören dann immer aufregende Geschichten von Reisen und Komplikationen.

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Große Komplikationen gibt es hier in Mantua nicht. Kleine Schäden wie gerissene Kupplungsseile werden mit vereinten Kräften gerichtet. Der Rest ist eine große Party, bei der Vespa ordentlich die Muskeln spielen lässt.

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Das Vespa Village ist einer der Treffpunkte, das Museum ein weiterer, und am Freitag am Abend eröffnet Piaggio mit dem Moto Plex einen Concept Store, in dem alle Konzernmarken ins Licht gerückt werden.

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Zur Eröffnung sind alle Vespisti geladen, und Piaggio gibt einen aus. Freibier, Prosecco für alle, Fingerfood und DJs. Die Plätze vor dem Moto Plex sind übervoll mit alten, neuen, räudigen und restaurierten Vespas. Die Fahrerinnen und Fahrer erzählen sich von den Touren im vergangenen Jahr und jenen des Tages in der Gegend.

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Mitten unter all den Vespisti ist auch Marco Melandri. Ihn zu sehen ist nur einer der Höhepunkte des frisch verheirateten Paares aus Palermo, das seine Hochzeitsreise auf der Vespa nach Mantua führte. Am nächsten Tag wird sich ein anderes Paar auf der Vespa das Ja-Wort geben – aber das geht in der großen Party, die tagsüber eine ganze Region einnimmt, schon fast unter. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 16.6.2014)

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Vespa World Days 2014

Vespa

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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