Wien -  Das Leben in der Eurozone hat sich im Mai kaum noch verteuert. Die Inflationsrate sank auf 0,5 von 0,7 Prozent im April, wie das Statistikamt Eurostat bekanntgab.

In Österreich hat sich hingegen die Teuerung noch weiter verstärkt. Im Mai ist die Jahres-Inflationsrate von 1,7 auf 1,8 Prozent gestiegen. Grund dafür war nach Angaben der Statistik Austria von Montag ein beschleunigter Preisauftrieb bei "Restaurants und Hotels". Die größte Preisdynamik insgesamt weist aber nach wie vor der Bereich "Wohnung, Wasser, Energie" auf.

Für die Verteuerung von 1,7 Prozent bei Wohnen, Wasser, Energie waren die im Jahresvergleich um durchschnittlich 3,6 Prozent höheren Wohnungsmieten sowie Preisanstiege bei der Instandhaltung von Wohnungen (+2,2 Prozent) hauptverantwortlich. Die Ausgabengruppe Restaurants und Hotels verteuerte sich um 3,0 Prozent nach noch 2,5 Prozent Anstieg im April.

Verbilligungen bei Treibstoffen

Bei Treibstoffen fielen die Verbilligungen gegenüber dem Vorjahr im Mai mit -1,3 Prozent geringer aus als im April (-2,6 Prozent). Im Monatsabstand legte das heimische Preisniveau insgesamt um 0,3 Prozent zu.

Der für die Eurozone errechnete harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) Österreichs lag im Mai um 1,5 (1,6) Prozent über dem Vorjahr, hier gab es also eine leichte Entspannung. Die Teuerung für Pensionistenhaushalte fiel mit erneut 1,8 Prozent diesmal ebenso stark aus wie jene beim allgemeinen VPI, üblicherweise ist der Anstieg beim Pensionisten-Preisindex meist kräftiger.

Höchste Inflation

Im Mai wies Österreich erneut die höchste Inflation in der gesamten EU auf. Speziell im Vergleich zu Deutschland ist die Teuerung bei uns viel massiver, Grund dafür sind etliche Sonderfaktoren: Eingekauft werden mehr Bio- und lokale Produkte, die Versorgungsdichte im Handel sowie die Umsatzsteuer sind höher. Am immer teureren Wohnen sind Struktureffekte mitschuldig, sagte Wifo-Experte Josef Baumgartner zur APA.

Aktuell ist die heimische Inflationsrate freilich durch die seit März wirksamen Steuererhöhungen um rund einen Viertelprozentpunkt angeheizt - "diesen Basiseffekt werden wir noch bis Februar 2015 in den Daten sehen", so der Experte.

Was jedoch abgesehen davon längerfristig bestimmend für eine kräftigere Teuerung als zum Beispiel in Deutschland ist, sind etwa die speziellen Einkaufsvorlieben der Österreicher, die hohe und damit wettbewerbsfeindliche Konzentration im heimischen Handel, zugleich eine relativ teure Kleinstrukturiertheit der Geschäfte sowie beim Wohnen erhebungsmethodische Struktureffekte, die den Trend der Mieten nach oben verstärken. Beim Nachbarn lag die HVPI-Rate im Mai bei 0,6 Prozent, in Österreich aber bei 1,5 Prozent (und nach nationaler Rechnung kletterte der VPI binnen Jahresfrist sogar um 1,8 Prozent hinauf).

Höhere Konzentration im Handel

Vor allem im Handel gebe es eine Reihe von Effekten, von denen jeder für sich genommen die Preise eher nach oben treibt, erläuterte Wifo-Experte Baumgartner am Montag im APA-Interview. Die hierzulande höhere Konzentration im Handel erlaube es den Playern, Preissenkungen nicht so rasch weitergeben zu müssen. Außerdem sei der Anteil der Diskonter in Österreich, vor allem im Lebensmittelbereich, deutlich niedriger als in Deutschland, womit auch hier ein weiterer Faktor für Druck auf die Preise nach unten fehle.

Zudem sei im Handel in Österreich die Filialdichte höher als in Deutschland und die Geschäftsgröße im Schnitt geringer - sodass die Fixkosten etwa für Personal und Miete umgelegt auf den Umsatz höher seien, und das sei ein weiter Kostenpunkt. Die höhere Versorgungsdichte, an sich von Vorteil für die Konsumenten, habe eben auch ihren Preis.

Doch auch das Einkaufsverhalten der Verbraucher selbst beeinflusst das Preisniveau. Dass Österreich bei Nahrungsmitteln das teuerste Land in der Eurozone sei, sei auch durch die Präferenz der Menschen für regionale Erzeugnisse und den - neben Luxemburg und Schweden - höchsten Bio-Anteil zurückzuführen. Da seien die Gestehungskosten aufgrund der Kleinstrukturiertheit des heimischen Agrarsektors einfach höher. Auch komme bei uns die von Lagerung und Kühlaufwand her günstigere Haltbarmilch nicht in jenem Ausmaß wie in Deutschland in den Handel, sodass sie es über die Wahrnehmungsschwelle der Preiserheber schaffe. Bei bestimmten Waren werde nämlich nur das Produkt mit dem höchsten Umsatzanteil statistisch erfasst, in Österreich sei das die kostspieligere Frischmilch.

Preisaufschlag für Lebensmittel

Weitere 0,1 bis 0,2 Prozentpunkt "Preisaufschlag" bei Lebensmitteln im Vergleich zu Deutschland resultierten aus der dort um mehrere Prozentpunkte geringeren Umsatzsteuer, erläutert Baumgartner. Auch die Topografie unseres Landes - hohe Berge und viele Täler - sei ein Kostenfaktor, da viele Gebiete schwerer zu versorgen seien. Insgesamt hat die Preisdynamik bei Nahrungsmitteln in Österreich aber in den letzten zwölf Monaten - wie ähnlich in ganz Europa - nachgelassen, erinnert der Wifo-Experte: Damals sei mit fünf Prozent Teuerung in einem Jahr der Peak erreicht gewesen, nun waren es im Mai zwei Prozent.

"Hausgemachte" Ursachen für einen vergleichsweise starken Preisanstieg in Österreich sieht Baumgartner auch bei Mietwohnungen. Laut Statistik Austria waren Wohnungsmieten im Mai im Schnitt 3,6 Prozent höher, womit die Teuerung hier das Doppelte des VPI insgesamt betragen hat. "Das ist vor allem auf die dynamischen Anstiege bei privaten frei zu vermietenden Wohnungen zurückzuführen", so Baumgartner. Hier gebe es doch eine relativ starke Aufwärtsbewegung bei Neuvermietungen.

Doch der Teilindex erfasse nicht nur die neu vermieteten Wohnungen, sondern auch Bestandsmieten, und die würden vielfach eine am VPI orientierte Anpassungsklausel enthalten. Darin seien die jüngsten stichtagsbezogenen Anhebungen der Richtwert- und Kategoriemieten in diesem Frühjahr (per April und Mai) "erhebungstechnisch" noch gar nicht enthalten, das wirke sich erst mit einem halben Jahr Verzögerung aus, erläutert der Wifo-Experte.

Ein ganz spezieller Grund für einen Mieten-Preisschub nach oben liege am Struktureffekt innerhalb der Stichprobe: Tendenziell würden nämliche alte, günstige Mieten von etwa drei, vier oder fünf Euro pro Quadratmeter aus der Preisbeobachtung herausfallen und neue hineinkommen, bei denen die Wahrscheinlichkeit ähnlich niedriger Beträge jedoch gering sei. Daraus resultiere ein "deutlicher Trend" nach oben, der aber "schwer zu quantifizieren" sei. (APA, 16.6.2014)