München - Der Schriftsteller Kurd Laßwitz (1848-1910) gilt neben H. G. Wells und Jules Verne als einer der Pioniere des Science-Fiction-Genres - und nicht zuletzt als Begründer der deutschsprachigen SF. Der nach ihm benannte Preis ehrt seit seiner Einführung 1980 alljährlich die besten Genre-Werke, die im deutschsprachigen Raum erschienen sind.
Abrechnung mit der Religion
Heuer ging der Kurd-Laßwitz-Preis für den besten auf Deutsch erstveröffentlichten Roman an eine nicht minder prägende Persönlichkeit der SF in unseren Breiten: Den Autor und Herausgeber Wolfgang Jeschke, der für "Dschiheads" ausgezeichnet wurde. Und "auf Deutsch erstveröffentlicht" hat hier sogar wirklich eine Bedeutung, denn Jeschke zählt zu den wenigen SF-AutorInnen, deren Werke vom Deutschen ins Englische übersetzt werden: wie sein berühmtester Roman "Der letzte Tag der Schöpfung" von 1981 und vor kurzem erst "Das Cusanus-Spiel".
"Dschiheads" ist Jeschkes Abrechnung mit der Religion bzw. deren radikalen Ausformungen. Er entwirft darin eine Zukunft, in der Frömmelei als pathologischer Befund gilt und Religion weitgehend aus der Gesellschaft getilgt wurde. Eine Gruppe radikaler Fundamentalisten hat man auf einen unwirtlichen Planeten verbannt, wo sie einen Gottesstaat aufbauten. Anhand von drei Personen schildert Jeschke den Konflikt der Weltanschauungen: Zweier WissenschafterInnen, die von außerhalb kommen, und eines Jungen, der im fundamentalistischen Umfeld der Dschiheads aufwächst und sich sukzessive daraus löst.
Weitere Romane
"Dschiheads" ließ die weiteren nominierten Romane bei der Abstimmung deutlich hinter sich. Auf den Plätzen folgten fast gleichauf Georg Kleins literarischer Zugang zu SF-Plots in "Die Zukunft des Mars", Karsten Kruschels jüngster Beitrag zur "Vilm"-Reihe ("Das Dickicht" ) und Uwe Posts Privatisierungssatire "SchrottT".
Einen Preis gibt es auch für den besten Roman, der ursprünglich in einer anderen Sprache (meistens Englisch) erschienen ist. Hier gewann heuer ein Werk, in dem die Science Fiction nur eine indirekte, aber nichtsdestotrotz maßgebliche Rolle spielt: In Jo Waltons "In einer anderen Welt" liest sich die jugendliche Hauptfigur mit Spock'scher Geschwindigkeit durch alles, was SF und Fantasy hergeben, und zieht dies als Interpretationsmuster für ihr eigenes Leben heran. Walton, die damit im Vorjahr bereits Hugo und Nebula abgräumt hat, gewann vor Terry Pratchett & Stephen Baxter mit "Die lange Erde" und Paolo Bacigalupis "Versunkene Städte".
Die übrigen Kategorien
Als beste deutschsprachige Erzählung wurde Michael Marraks "Coen Sloterdykes diametral levitierendes Chronoversum" ausgezeichnet, erschienen in der 21. Ausgabe des SF-Magazins "Nova". Zur besten Graphik bzw. Illustration wurde Pierangelo Boogs Titelbild für "Exodus 30“ gewählt (siehe links). Einen Filmpreis wie bei Hugo und Nebula gibt es beim KLP nicht, dafür eine alles zusammenfassende Kategorie für herausragende Leistungen im SF-Bereich. Der ging heuer an Martin Kempf und das Team des seit 25 Jahren bestehenden Magazins "Fandom Observer".
Gewählt werden die Preisträger durch eine Abstimmung von Menschen, die beruflich im Bereich Science Fiction arbeiten - 68, etwas weniger als im Vorjahr, haben sich heuer beteiligt. Eine Ausnahme bildet die Kategorie "Beste Übersetzung", in der eine eigene Expertenjury entschieden hat. Hier gewann heuer Margo Jane Warnken für die Übersetzung des grandiosen Sachbuchs "James Tiptree Jr. - Das Doppelleben der Alice B. Sheldon“ von Julie Phillips.
Die Verleihung der nicht dotierten Preise findet am 20. September auf dem ElsterCon in Leipzig statt. (Josefson, derStandard.at, 15. 6. 2014)