Wien - Das vom Ministerrat einstimmig abgesegnete Hypo-Sondergesetz erhitzt die Gemüter weiterhin. Am Sonntag rückte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in der ORF-Pressestunde zur Verteidigung der geplanten Rasur der nachrangigen Gläubiger (890 Mio. Euro) aus. Er sei von der Kritik überrascht, sagte er, seien doch die Maßnahmen angekündigt gewesen. Die Insolvenz der Bank ("Ich war ursprünglich auch dafür") habe man wegen der zwölf Milliarden Euro an Landeshaftung, die sofort schlagend geworden wäre, "um jeden Preis vermeiden müssen". Der Minister räumte jedoch ein, dass nun "mit einer Klagsflut zu rechnen ist". Es gebe "keine 100-prozentige Garantie, dass das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof halten wird".

Altaktionärin BayernLB (sie soll um 800 Mio. Euro umfallen, die sie in ihre Tochter zwischen Ende 2008 und Verstaatlichung Ende 2009 eingeschossen hat) könne sich "wirklich nicht beklagen", glaubt Brandstetter. Denn Österreich habe sich im Hypo-Gesetz "auch selbst nicht geschont": Die Republik sei beim Haircut mit 205 Mio. Euro selbst dabei.

Zuvor hatte, nach Kritik von Bankern und Rating-Agenturen, ein anderer Brandstetter laut gegen das Gesetz gewettert: Uniqa-Chef Andreas Brandstetter. Er kündigte in Profil rechtliche Schritte gegen das Gesetz an, das "den Kafka-Preis für Surrealismus" verdiene. Der Versicherungskonzern hält nachrangige, vom Land garantierte Anleihen über 35 Mio. Euro im Deckungsstock der Lebensversicherung. Selbiger speist sich aus Prämieneinnahmen, er ist gesetzlich vorgeschriebenes Sondervermögen und muss in mündelsicheren Papieren angelegt sein. Die Hypo-Anleihen "waren daher niemals Spekulationspapiere", so der Uniqa-Chef. Mündelsicher sind sie gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 217) tatsächlich; laut Justizminister lässt sich daraus "aber keine Staatshaftung ableiten."

"Wahnwitzige Haftung"

Wie Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) in seinem jüngsten Auftritt in der ZiB 2, so argumentiert auch der Justizminister, dass die Anleger der "von Anfang an wahnwitzigen" Haftung des Landes Kärnten keinen Glauben hätten schenken dürfen. Jeder größere Investor hätte wissen müssen, dass "eine 25-Milliarden-Euro-Haftung, die von einem Jahresbudget des Landes von zwei Milliarden getragen werden soll, nicht funktionieren kann".

Dieses Missverhältnis ist aber niemandem sauer aufgestoßen. Als die EU die Gewährträgerhaftung (dazu gehören auch Bundes- und Landesgarantien) 2002 quasi als verbotene Beihilfe qualifizierte und mit Österreich per 2007 eine Übergangsfrist zur Abschaffung (September 2017) fixiert wurde, machten die Kärntner 2003 noch rasch ein neues Gesetz.

Das Land durfte gegen Entgelt weiterhin befristete Garantien abgeben. Die Folge: 2003 lag sein Haftungsvolumen bei 5,8 Mrd., 2006 bereits beim Höchststand von 24,9 Mrd. Euro. Nur die Wirtschaftskammer Kärnten hatte damals vor der Novelle gewarnt; nicht so Bankenaufsicht oder Finanzministerium.

Und: Kärnten ist nicht das einzige Bundesland, dessen Haftungen über dem Landesbudget liegen. In Vorarlberg betrugen die Garantien Ende des Vorjahres rund 4,7 Mrd. Euro, fast das Dreifache des Budgets. Im Burgenland überstiegen sie Ende 2012 mit 2,2 Milliarden das Budget ums Doppelte. In Tirol betrugen sie Ende 2013 rund 4,6 Milliarden, bei einem Budget von 3,2 Milliarden Euro. (gra, DER STANDARD, 16.6.2014)