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Auch die Medizin musste auf den Schrecken des Ersten Weltkrieges reagieren.

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"Ein Krieg ist immer schrecklich. Der Erste Weltkrieg war besonders schrecklich. Er war aber auch ein 'schreckliches Experiment' für bestimmte medizinische Fächer", sagte Michael Kunze vom Institut für Sozialmedizin der MedUni Wien. Das Auftreten von Seuchen, die massenhaften Schussverletzungen, psychische Traumata der Soldaten ("Zitterneurose") führten aber auch dazu, dass sich die Medizin weiterentwickeln musste, um den Bedürfnissen der Opfer gerecht zu werden.

Viele Innovationen 

Die Entwicklung der passiven Tetanus-Impfung, welche die Erkrankungsfälle um 90 Prozent reduzierte, Hygienemaßnahmen zur Eindämmung von Seuchen wie Typhus, die Entwicklung in Richtung Bluttransfusionen und vor allem die Chirurgie machten einen Sprung vorwärts. So hat etwa Lorenz Böhler als Militärarzt aus Vorarlberg "Ordnung" in die Unfallchirurgie hineingebracht.

Die Verwendung der Röntgentechnik, die Klassifikation von Verletzungen sowie die "Kochbücher" zur medizinischen Versorgung der Patienten waren die Folge. Medizin-demografisch kam es zum Vormarsch der Frauen in der Medizin und in den ärztlichen Beruf.

Franz Kainberger, Präsident der traditionsreichen Wiener Gesellschaft der Ärzte, betonte die Rolle der Organisation im Wissensaustausch und auch als "Debattierclub".  So ging es um die Frage der Seuchen, dann gab es Solidaritätsaktionen. Erst gegen Ende des Krieges wurde die Frage der gesellschaftspolitischen Aspekte gestellt, so Kainberger.

Medizinische Museumsmeile 

Der Politiker und Arzt Julius Tandler hielt zum Beispiel 1917 eine erste programmatische Rede, in welcher er "mehr Licht", gesundes Wasser und eine gesunde Ernährung als ausschlaggebend für die sozialmedizinische Versorgung der Bevölkerung ansprach. Gleichzeitig entwickelten Orthopäden und Unfallchirurgen die Ansätze der modernen Rehabilitation und Resozialisierung von Kranken - damals vor allem Invalide.

Gerade Wien wäre in allen diesen medizinhistorischen Themen eigentlich ein Zentrum, an dem man nicht vorbeigehen könnte. "Wir haben in Wien einen einzigartigen Schatz an medizinhistorischen Dokumenten, Objekten und Instrumenten", sagte die Leiterin der Sammlungen der MedUni Wien, Vizerektorin Christiane Druml. Mit dem "Narrenturm", der zum Naturhistorischen Museum resortiert, und anderen Sammlungen - zum Beispiel auch die im Original erhaltene Ordination des Orthopäden Adolf Lorenz - wolle man eine "Medizinische MuseumsMeile" in Wien schaffen.

Nicht zu verhehlen allerdings ist die Tatsache, dass die Wiener Medizinische Schule 1914 zum größten Teil einfach mit den Kriegsereignissen mitschwamm. Sigmund Freud meinte gar nach der Kriegserklärung durch Kaiser Franz Josef, seine "Libido" gehöre der Donaumonarchie. (APA, derStandard.at, 27.6.2014)