Ein Crashkurs ohne Crash oder: Als ich lernte, Autos wieder zu verstehen.

foto: der standard/gluschitsch

"Im Schnitt", sagt der Verkehrsexperte, hätten Frauen eine geringere emotionale Bindung zum Fahrzeug. Männer sollen von dem Phänomen ebenfalls betroffen sein.

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Kollege Stockinger weist den Weg. Er führt unmissverständlich nach vorn.

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Richtiges Übergreifen am Lenkrad will auch rekapituliert werden.

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Das BMW Cabrio geht danach entsprechend locker von der Hand.

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Der Jaguar fährt so wie er und wohin er soll. Gut!

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Am Ende zittern die Knie. Kaum noch.

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Fragen, die einer Autofahr-Wiedereinsteigerin beim Anblick von zwei auf Hochglanz polierten Ungetümen durch den Kopf schießen: In welcher Reihenfolge sind Kupplung, Gas und Bremse eigentlich angeordnet? Und wie war das noch einmal mit dem 3S-Blick?

Dass das mit mir und dem Autofahren nicht funktioniert, war selbst dem Prüfer nach der Fahrprüfung klar, dem ich noch versprechen musste, in Begleitung weiterzuüben.

Hinter dem Steuer zu sitzen, das bedeutet Rückenschmerzen aufgrund einer unnatürlich verkrampften Sitzhaltung, rasenden Puls, eine laut schnaubende Mutter als Beifahrerin, die panisch auf ihre nicht vorhandene Bremse tritt - und auch auf der beschaulichsten Landstraße Horrorvisionen von selbstverschuldeten Verkehrsunfällen. Gott sei Dank sind Wahlwienerinnen und Öffifans aber ohnehin nicht auf ein Auto angewiesen.

Keine Fahrangst

Von Fahrangst hatte im Automobilressort noch nie jemand etwas gehört. In Deutschland gibt es aber sogar Fahrschulen, die darauf spezialisiert sind. Die Fahrschule "Schaffen Wir" in Berlin zum Beispiel: Von momentan 40 Fahrschülern leiden zehn unter Prüfungsangst und zehn unter Fahrangst, erzählt der Fahrlehrer Frank Müller. Die meisten hätten Angst vor dem Verkehr in der Großstadt, der Großteil der Betroffenen sind Frauen.

Das bestätigt auch Dieter Krainz vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Seine Erklärung: Frauen hätten "im Schnitt" weniger mit Technik zu tun und daher keine so emotionale Bindung zum Fahrzeug.

Konfrontationstherapie

Das kann eine emanzipierte Neo-Autojournalistin nicht auf sich sitzen lassen. Zeit für Konfrontationstherapie. Einen BMW und einen Jaguar hätte er im Angebot, meint Kollege Stockinger.

So bin ich eine Woche später also frühmorgens auf dem verlassenen Parkplatz vor dem Stadion und versuche, nicht an Szenarien wie Bremsausfall und Totalschaden zu denken, während ich auf dem Fahrersitz Platz nehme.

Auto weiß alles

Zur Beruhigung gibt es dann aber erst einmal technische Details zum BMW 428i Cabrio - da kann der elterliche Ford Galaxy nicht mithalten. Das Auto weiß bis hin zum Wetter alles, und mit ihm reden kann man auch - manchmal tut es dann auch tatsächlich, was man will. Außerdem wartet es mit Automatikgetriebe auf.

Die leicht zittrigen Hände können sich also ohne Ablenkung fest an das Lenkrad krallen. Erst werden Sitz und Lenkrad eingestellt. Ein Knopfdruck öffnet das schnittige Dach, ein anderer startet den Motor.

Wink mit dem Zaunpfahl

Die ersten zaghaften Runden werden auf dem Parkplatz gedreht. Hier stören einzig der einsetzende Regen und die höchst unsommerlichen Temperaturen das Cabrio-Fahrgefühl. Dann geht es nach einem Probeanlauf durch den Schranken hinaus in den Straßenverkehr.

Die 30er-Zone entspricht genau meinen Vorstellungen von Geschwindigkeit. Ich entspanne mich, niemand hupt, das Auto macht, was ich will. "Pass dich einfach der Geschwindigkeit der anderen an." Ein Wink mit dem Zaunpfahl vom Beifahrer. Ich gebe ein bisschen mehr Gas.

Wie David Hasselhoff

Es folgt ein Crashkurs, was das Übergreifen am Lenkrad, die richtige Blickrichtung und das Umspuren betrifft. So schwierig ist das ja gar nicht. Zurück auf dem sicheren Parkplatz, kommt dann aber die wahre Herausforderung: Hier wartet der Jaguar F-Type, ein schwarz glänzendes Ungeheuer: Der Motor faucht - aber nur wenn der Tacho sicher auf null steht (sonst brüllt er) -, und ich ernte anerkennende Blicke von einer Schulgruppe. Wie viel so ein Schlitten wohl kostet?

Da kurve ich doch lieber auf dem Parkplatz herum. Auch bei 40 km/h fühle ich mich, wie sich David Hasselhoff wohl in seinem K.I.T.T. in Knight Rider gefühlt hat. Von der Frisur her ähneln wir uns mittlerweile - dem Cabrio sei Dank - schon ziemlich.

Am Ende zittern die Knie kaum noch, der Puls ist fast im Normalbereich. Das Cabrio wird dann noch zurück in die Redaktion gelenkt - mit einem mittlerweile entspannten Kollegen und ohne (gröbere) Horrorvisionen an Bord. (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 13.6.2014)