Ein paar Wochen hat die Führung der Republikaner gedacht, sie hätte ein Rezept gegen die rechtspopulistischen Kräfte in ihrer Partei gefunden. Aber der tiefe Fall von Eric Cantor, dem bisher zweitmächtigsten Mann im Repräsentantenhaus, zeigt, dass die Tea Party nichts von ihrer Sprengkraft für die US-Politik verloren hat.

Cantors Vorwahlniederlage und Rücktritt als Fraktionschef ist bemerkenswert, weil er selbst weit rechts steht. Aber allein seine Bereitschaft, mit Präsident Barack Obama über eine Einwanderungsreform zu verhandeln, hat gereicht, dass sich die zumeist weißen, evangelikalen Wähler in seinem Bezirk von ihm abgewandt haben.

Das macht die Tea Party nicht unbedingt stärker, da sie zuvor wichtige Vorwahlen gegen Vertreter des Establishments verloren hat. Aber es engt den Spielraum für Kompromisse in den restlichen zweieinhalb Jahren der Obama-Präsidentschaft weiter ein. Erfolgreiche Gesetzesinitiativen sind nicht mehr zu erwarten.

Vor allem die Einwanderungsreform ist tot, und damit die Hoffnung der Republikaner, beim Präsidentschaftswahlkampf 2016 auch Latino-Wähler ansprechen zu können. Das ist eine gute Nachricht für alle demokratischen Kandidaten, vor allem für Favoritin Hillary Clinton. Aber solange das Repräsentantenhaus in republikanischer Hand bleibt, werden Polarisierung und Obstruktion den politischen Alltag in Washington weiter bestimmen.(DER STANDARD, 13.6.2014)