Maria von Usslar

Der Herr "Puber" sitzt seit 6. März in Untersuchungshaft. Soeben ist sein Antrag auf Freilassung mit Fußfessel abgelehnt worden. Es wird nicht wenige Menschen geben, die meinen: Geschieht ihm recht. Denn "Puber" wird vorgeworfen, praktisch überall in Wien seinen Namenszug hingesprayt und damit unzählige Fassaden verschandelt zu haben.

Der Herr Josef S. sitzt überhaupt seit 24. Jänner in U-Haft. Er ist ein Student aus Deutschland und hat den Fehler begangen, sich bei den Demonstranten gegen den Ball der schlagenden Burschenschafter in der Hofburg aufgehalten zu haben. Angeblich war er ein "Rädelsführer", hat mit Mistkübeln geworfen, die anderen zur Randale aufgefordert ("durch Gesten", denn auf einem Tondokument konnte ihn der Sachverständige nicht erkennen). Im Prozess wurden überdies derartige Ermittlungsmängel der Polizei offenbar, dass sie den Chef von Amnesty International, Heinz Patzelt, "sprachlos" machten.

Josef S. hat wenigstens schon seinen Prozess. Er wurde allerdings auf Ende Juli (!) vertagt (Enthaftung abgelehnt). "Puber" hat aber noch keinen Prozesstermin. Es gibt zwar ein grafologisches Gutachten zu seinem Schriftzug, aber keine Anklage.

"Selbst schuld", könnte man in beiden Fällen sagen. Aber langsam entsteht der Eindruck, als ließe man da Leute, die keine Sympathieträger sind, einfach einmal in U-Haft dunsten.  (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13.6.2014)