Rob Hornstra stellt die Publikation zur "Slow-Journalism"-Fotoreportage "The Sochi Project" beim Photo Book Festival vor.

Foto: Rob Hornstra / The Sochi Project

Wien – Während der Kunstmarkt weiter Rekordverkäufe meldet, hat sich - mehr oder weniger still und heimlich – ein ganz neuer Markt rund um das Fotobuch etabliert. Das wurde in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt und fristete selbst in den Kunstbuchhandlungen ein Nischendasein. Wie die Fotografie selbst brauchte es offensichtlich seine Zeit, bis das Medium Fotobuch als das erkannt wurde, was es ist: eine eigenständige künstlerische Position und nicht nur Beiwerk wie der Ausstellungskatalog.

Auf der Paris Photo, der wichtigsten Messe für Fotokunst, hat man das bereits erkannt und dem Fotobuch einen eigenen Bereich gewidmet. Und auch auf Auktionen werden mittlerweile Ausgaben vergriffener Fotobuchklassiker wie Robert Franks The Americans oder Bernd und Hilla Bechers Anonyme Skulpturen für vierstellige Summen angeboten. Außerdem findet in Kassel seit sechs Jahren ein viertägiges Festival statt, das sich nur mit dem Thema Fotobuch auseinandersetzt.

Da liegt es nahe, dem Medium auch in Österreich eine eigene, lebendige Plattform zu widmen. Nach dem Erfolg im vergangenen Jahr laden die beiden Wiener Galerien Anzenberger und Ostlicht am Wochenende zur zweiten Auflage ihres Vienna Photo Book Festivals ein – und bieten sowohl dem Experten als auch dem interessierten Laien ein umfangreiches Programm aus Vorträgen, Diskussionen und Ausstellungen.

"Magnum"-Legende Koudelka

Der Kunsthistoriker Horacio Fernández wird beispielsweise über Das spanische Fotobuchwunder und Irene Attinger über Liebe im Fotobuch referieren, zudem wird es Gespräche mit der Magnum-Legende Josef Koudelka und dem Sammler Manfred Heiting geben. Ein Highlight verspricht zudem die Präsentation The Sochi-Project von Rob Hornstra zu werden: Der Niederländer ist fünf Jahre lang immer wieder in die Konfliktregion rund um den Ort der Olympischen Winterspiele gereist, um zu dokumentieren, zu beobachten und zu verstehen.

Abgerundet wird das Programm durch das Angebot von fast 80 Verlagen und Fotobuchhändlern. Das ist auch nötig, denn Fotobücher erfreuen sich zwar zunehmender Beliebtheit, allerdings werden sie in gängigen Buchhandlungen so gut wie nie angeboten und Kunstbuchhandlungen gibt es auch nicht in jeder Stadt. Interessierte werden also entweder dazu gezwungen, die Bücher ungesehen online zu bestellen, oder sie müssen eben zu den entsprechenden Veranstaltungen reisen. Das ist mühsam, hat aber den weiteren Vorteil, auf Gleichgesinnte und Multiplikatoren zu treffen – mit entsprechenden Auswirkungen.

So hat im vergangenen Jahr der völlig unbekannte Student Igor Samolet der Rodchenko School for Photography aus Moskau sein Buch Be happy! präsentiert. Das handelt von einer Gruppe junger, perspektivloser, aber ständig betrunkener und miteinander Sex habender Russen. Das war nicht nur sofort ausverkauft, sondern räumte anschließend diverse Preise ab und wurde sogar in den dritten Band von The Photobook: A History aufgenommen, eine Art Kanon der weltbesten Fotobücher, herausgegeben von Martin Parr und Gerry Badger. Vielleicht gelingt dem Vienna Photo Book Festival auch in diesem Jahr wieder ein solcher Überraschungserfolg. (Damian Zimmermann, DER STANDARD, 13.6.2014)