Nah an den Wurzeln auch unseres Stammbaums: Metaspriggina, ein frühes Wirbeltier.

Foto: Fotos: Collins / Conway Morris / Caron

Toronto - Eine der berühmtesten und wichtigsten Fossilienfundstätten der Welt liegt im Westen Kanadas: Der Burgess-Schiefer in den Rocky Mountains hat bereits zahlreiche Funde aus dem Kambrium geliefert - jener Ära, in der das Leben, wie wir es heute kennen, einen noch nie dagewesenen Aufschwung nahm. Die meisten heute noch existierenden "Baupläne" von Tieren hatten damals, vor einer halben Milliarde Jahre, ihren Ursprung.

So auch die Entwicklungslinie, die letztlich den Menschen hervorgebracht hat, die Wirbeltiere: Einen Einblick in deren Anfänge bieten vor kurzem im Burgess-Schiefer gefundene Fossilien, die besonders gut erhalten geblieben sind. Die 505 Millionen Jahre alte Spezies Metaspriggina walcotti war ein früher Vertreter der Gruppe, zu der auch die Wirbeltiere zählen. Und steht diesen sogar noch näher als gedacht, wie britische und kanadische Forscher in "Nature"  berichten. Ältere Metaspriggina-Funde waren bruchstückhaft. Die neuen hingegen zeigen unter anderem die großen Augen des Tiers, ein nasenartiges Organ und einen Schwanz.

Viel wichtiger ist für die Forscher um Studienerstautor Simon Conway Morris aber, dass hier erstmals auch paarig angeordnete Kiemenbogen erhalten geblieben sind. Diese ursprünglich aus einem Teil des Vorderdarms entwickelten Strukturen bilden bei Wirbeltieren Teile des Kopfes aus. Und bei Metaspriggina weist das verstärkte vorderste Bogenpaar auf den ersten Ansatz zur Entwicklung eines Kiefers hin.

Das wenige Zentimeter große Tier, das die Forscher als aktiven Schwimmer beschreiben, erhält durch die jüngsten Funde einen bedeutenden Platz im Stammbaum der Evolution. Es wird nun als Vorläufer der späteren Fische und all der Tiergruppen, die aus diesen entsprangen, eingestuft.

Conway Morris bringt die evolutionäre Erfolgsgeschichte, die hier ihren Anfang nahm, auf den Punkt: "Wenn sich erst die Kiefer entwickelt haben, öffnet sich die ganze Welt." (jdo, DER STANDARD, 12.6.2014)