Nicolas Sarkozy wollte sich als "homme de providence" (Mann der Vorsehung) präsentieren, der sich vom Volk sozusagen zur Rückkehr drängen lässt, ohne selbst zu wollen. Zu seinem großen Ärger gelingt das Kunststück nun ausgerechnet seinem farblosen, bedächtigen und fast lustlos wirkenden Antipol Alain Juppé: Der Ex-Premier und neue Co-Präsident der französischen Oppositionspartei UMP gewinnt die Sympathien von Mitgliedern, die die Nase voll haben von all den Affären ihrer ambitiösen Alphatiere.

Der Rücktritt von Jean-François Copé als Parteichef hat seinen Ursprung in Sarkozys letztem Präsidentschaftswahlkampf: Dessen überzogene Ausgaben wurden kaschiert und der UMP in Form fiktiver Rechnungen angehängt. Wusste Sarkozy davon? Die Frage könnte die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich 2017 entscheiden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Sarkozy den Kopf aus der Schlinge zieht. Aber auch wenn die UMP ihn erneut auf den Schild hebt, wäre seine Wiederwahl längst nicht sicher. Der sozialistische Präsident François Hollande wäre nicht abgeneigt, ein zweites Mal gegen Sarkozy anzutreten. Er hat ihn schon einmal besiegt und kann ihn zudem als Airbag gegen die Rechtsextremistin Marine Le Pen verwenden. Anders gesagt: Wenn Sarkozy zurückkehrt, würden paradoxerweise Hollandes Chance steigen. Doch Frankreich braucht neuen Schwung, keine Altlastkandidaten. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 12.6.2014)