Dass Josef S. (Bildmitte) weiterhin in U-Haft bleibt, sorgt bei Amnesty International Österreich für Kritik - generell werde in Österreich zu leichtfertig Untersuchungshaft verhängt, kritisiert Generalsekretär Heinz Patzelt.

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Wien – Seit er am 24. Jänner beim Protest gegen den Akademikerball festgenommen wurde, sitzt der deutsche Staatsbürger Josef S. in Wien in Untersuchungshaft. Dass die U-Haft am vergangenen Freitag verlängert wurde, sorgt für Kritik bei Amnesty International. "Das ist menschenrechtlich in höchstem Maße bedenklich", sagt Österreichs Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt. Der Fall mache "wieder einmal erkennbar, wie exzessiv in Österreich U-Haft verhängt wird: es genügt ein gewisser Tatverdacht und eine Strafandrohung in gewisser Höhe", kritisiert der Jurist.

Kritik an Ermittlung

"Sprachlos" machen Patzelt auch die am ersten Prozesstag zu Tage getretenen technischen Pannen bei der Polizei: Jene Zivilpolizisten, die bei der Demo Straftaten aufklären sollten, waren nur mit ihren Privathandys ausgestattet, die Geräte waren fürs Filmen im Dunklen ungeeignet. Auch  dass sich die drei Zivilpolizisten beim Einsatz immer wieder aus den Augen verloren, spreche für unzureichendes technisches Equipment. "Da fragt man sich: aus welchem Jahrhundert stammt diese Polizeitaktik?", so Patzelt.

Dass der Staatsanwalt "aufgrund winziger Beweise" Josef S. weiterhin als Rädelsführer der Ausschreitungen bezeichnet, spreche dafür, dass der Ankläger ein Exempel statuieren wolle, meint Patzelt,  der den Stil der Prozessführung durch den vorsitzenden Richter Thomas Spreitzer aber ausdrücklich lobt: Diese sei "sauber, kritisch und engagiert".

Deutsche Behörde beobachtet Causa

Bei der Deutschen Botschaft in Wien heißt es, man betreue den Fall Josef S. konsularisch,  wolle die Causa und die jüngste Verlängerung der Untersuchungshaft aus Achtung der unabhängigen österreichischen Justiz aber nicht kommentieren.

Laut Gesetz kann S. maximal ein Jahr lang in U-Haft festgehalten werden, eine Verlängerung nach sechs Monaten U-Haft-Dauer ist jedoch nur unter besonderen Bedingungen möglich. Sollte es wie geplant Ende Juli ein Urteil geben, dann könnte S. auch danach noch in U-Haft bleiben, sofern das Urteil nicht rechtskräftig wird und dessen Strafmaß die bereits abgeleistete Haftzeit übersteigt. (sterk, derStandard.at, 11.6.2014)