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Nach dem Absturz der Hypo Alpe Adria will die Regierung auch Gläubiger an den Abbaukosten der Bank beteiligen.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Bis zur letzten Minute haben die Juristen daran gearbeitet, am Abend des Pfingstmontags war es dann so weit. Die Entwürfe für das Hypo-Sondergesetz wurden bei einem Termin im Kanzleramt vorgestellt - heute, Mittwoch, sollen sie im Ministerrat beschlossen werden. Ziel der Aktion: Die Gründung einer Abbaueinheit, die nicht mehr dem Bankwesengesetz und den entsprechenden Kapitalvorschriften unterliegt und - wesentlich heikler - die "Rasur" der nachrangigen Gläubiger und (teilweise) der Altaktionärin und Gläubigerin BayernLB.

Folgende Gesetze soll das Parlament dann laut den Entwürfen, die dem Standard vorliegen, aber noch nicht endgültig sind, beschließen: Das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), eines über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes (HBI-Bundesholdinggesetz) und eines über die Einrichtung einer AbbaubeteiligungsAG (ABBAG-Gesetz). Der Knackpunkt der Regelungen - die Gläubigerbeteiligung - findet sich im "Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die Hypo Alpe Adria" (HaaSanG), mit dem auch Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) und FMA-Behördengesetz geändert werden.

Finanzieller Rahmen wird ausgedehnt

Der finanzielle Rahmen, mit dem die Republik den Banken unter die Arme greifen darf, wird im Zuge der Neuerungen auch gleich ausgedehnt. Laut Gesetzesentwurf soll der "zulässige Gesamtbetrag" für Maßnahmen, die der Staat im Rahmen des FinStaG ergreifen darf, "vorsorglich" von 15 auf 22 Mrd. Euro angehoben. 3,3 Mrd. Euro davon entfallen auf Liquiditätsmaßnahmen.

Das neue Sanierungsgesetz besteht nur aus acht Paragrafen, die haben es aber in sich. Das Ziel der Gläubiger-Rasur: Die Hypo "soll finanziell entlastet werden", damit ihre Assets bestmöglich abgebaut werden können, wie es in den Erläuterungen heißt.

Die Regierung beruft sich in ihrem Entwurf darauf, dass es die "Erfordernisse der Sparsamkeit ... gebieten, die Hypo-Gläubiger an der Sanierungslast zu beteiligen".

Nicht alle werden zur Kasse gebeten. Getroffen werden sollen die Ex-Gesellschafter, die ihre Tochter zwischen erster Staatshilfe und Verstaatlichung finanziert haben und um die Lage der Bank Bescheid wussten. Damit ist die BayernLB gemeint. Zudem sollen noch Gläubiger zur Kasse gebeten werden, die nachrangige Schulden von der Hypo gekauft hatten. Diese hätten "nach dem Aktionär das erste Risiko" zu tragen.

Diese Nachrangverbindlichkeiten (es geht um rund 900 Mio. Euro; darunter sind auch jene mit Landeshaftungen), die bis 30. Juni 2019 fällig würden, erlöschen schlicht und einfach. Dasselbe gilt für die oben genannten Hypo-Verbindlichkeiten gegenüber Exaktionären, die noch im Dezember 2008 entstanden sind. Damals ist die Republik der Hypo erstmals beigesprungen, indem sie 950 Mio. Euro Partizipationskapital (PS-Kapital) gezeichnet hat.

Haftung verschwindet

Strittige Sanierungsverbindlichkeiten werden gestundet. Die Gläubiger werden de facto gelähmt: Kündigungs- oder sonstige Rechte, die wegen des Erlöschens "bestünden, können nicht ausgeübt werden". Auch alle Sicherheiten, inklusive Haftungen des Landes Kärnten, sollen erlöschen. Wie sich der Bund den anvisierten Beitrag des Landes Kärnten (500 Millionen Euro) holen wird, ist noch nicht geklärt.

Zarter Trost für die rasierten Ex-Aktionäre und Gläubiger: All diese Maßnahmen zur Kostenbeteiligung sollen nur umgesetzt werden "soweit es sich als notwendig erweist". Aus jetziger Sicht dürfte es sich bei dieser Einschränkung um eine Beruhigungspille handeln. Zuletzt hatte die Bank für die Erstellung ihrer Bilanz 2013 erneut Geld vom Steuerzahler gebraucht. In die Abbaugesellschaft sollen alleine rund 17 Milliarden Euro an faulen Krediten ausgelagert werden.

Auch der Abbau der Bad Bank wird noch kosten. Laut Erläuterungen ist für den "Beginn dieses Unterfangens" eine angemessene Kapitalausstattung erforderlich. Die Stundungen sollen Liquiditätsabflüsse aus der Bank verhindern und "Firesales" verhindern. Solche Notverkäufe würden den Ertrag des Abbaus senken, zudem drohten Liquiditätsengpässe. Darüber hinaus könnte es nötig sein, dass der Bund neue Haftungen übernimmt, um Hypotöchter an den Mann zu bringen.

Hoffnung auf Erlöse

Die Abbaubank selbst kann übrigens in Konkurs geschickt werden, aber nur wenn sie zahlungsunfähig wird und auf Antrag der Finanzmarktaufsicht. Die Gesetzgeber hoffen mit der Konstruktion fünf Jahre Zeit zu gewinnen - anschließend scheine auch die Bedienung der verbleibenden Nachrangverbindlichkeiten möglich. Allerdings bleibt den Betroffenen die Hoffnung: Sollte nach dem Abbau der Hypo Vermögen übrig bleiben, können sie sich das Geld anteilsmäßig wieder holen.

Dabei ist klar, dass sich einige Investoren nicht mit dieser Hoffnung zufriedengeben. Sie werden wohl klagen. So müssen auch die Forderungen der BayernLB, die vor der ersten Staatshilfe bestanden haben, ausgefochten werden.

Ungemach kommt von den US-Ratingagenturen. Denn die Kreditprüfer von Standard & Poor's haben sieben heimische Banken auf einen negativen Ausblick herabgestuft. Dazu zählen die Großbanken Erste Group, Bank Austria und Raiffeisen Bank International. Die Ratingagentur bezeichnet den Schritt, die Anleihengläubiger trotz einer Haftung des Landes Kärntens zur Kasse zu bitten als "unerwartet" und eine "außergewöhnliche Entwicklung". Die Prüfer warnen explizit vor einer "Herabstufung um mehrere Stufen", wenn sich zeigen sollte, dass die staatliche Unterstützung künftig schwächer ausfällt.  (Renate Graber, DER STANDARD, 11.6.2014)