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Ein Bild aus jenen Tagen, als aus dem U-Ausschuss zu den Korruptionsaffären zitiert werden durfte: Geht es nach SPÖ und ÖVP, sollen bald auch Dritte mit einem Schweigegebot belegt werden.

Foto: apa/Fohringer

Wien - Eine knappe Stunde berieten die sechs Klubobleute am Pfingstdienstag mit den drei Nationalratspräsidenten allein über diese Agenda - bis der Feiertagsfriede ins Wanken geriet und man lieber auseinanderging. Der Grund für die Verstimmung: die neuen Geheimschutzbestimmungen für Akten und Unterlagen, für die der Zweite Parlamentspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) auf Wunsch der Präsidialkonferenz ein fünfstufiges Vertraulichkeitssystem ersonnen hat ("nicht öffentlich", "vertraulich", "eingeschränkt geheim", "geheim", "streng geheim") - und mit denen sich die Klubchefs der Koalition, Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP), zumindest in einer Art Lightversion anfreunden können. Strafen sind bei Zuwiderhandeln aus ihrer Sicht nicht nötig, wohl aber können sie sich ein Verwertungsverbot für Dritte vorstellen, also etwa für die Medien.

Schweigen statt Schwärzen

Fazit: Am 24. Juni soll über all diese Vorschläge in einer Sonderpräsidiale weiterverhandelt werden - wenn nötig, bis Mitternacht, wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) andeutete. Denn: Die Schweigeverordnungen sollen auch verhindern, dass brisantes Material in U-Ausschüssen an die Öffentlichkeit gelangt - bezüglich deren nach der Reform das Minderheitsrecht gelten soll.

Prammer wünscht sich "eine transparente Regel" - und dass bald nicht mehr "in freiem Flug" entschieden wird, was publik werden darf und worüber der Mantel des Schweigens zu breiten ist. Aber nicht nur in U-Ausschüssen soll eine neue Art der Vertraulichkeit herrschen.

Sondern, wie es Kopf vorsieht, auch bei Nationalratssitzungen - und bei Dokumenten, deren Verfasser es so vorsehen. Nur eine Mehrheit im Parlament könnte diese Siegel per Abstimmung dann aufbrechen. Kommt es in einem U-Ausschuss zum Streit darüber, können die Parteien den Verfassungsgerichtshof anrufen, erklärt Prammer. Sowohl Kopf als auch Prammer argumentieren, dass bei heiklen Unterlagen sichergestellt werden müsse, dass der Republik kein Schaden entsteht und dass Persönlichkeitsrechte etwa in anhängigen Verfahren gewahrt bleiben. Als Beispiel für Verschlusssachen nennt Prammer Angelegenheiten, die "die Fiskalpolitik betreffen", wenn der Staat etwa öffentliches Geld veranlagt.

Für die grüne Klubobfrau Eva Glawischnig sind diese Vorhaben "absolut überschießend". Schon ein befürchteter "äußerst schwerer Schaden" für die wirtschaftlichen Interessen von Bund, Ländern oder Gemeinden würde ausreichen, um die höchste Geheimhaltungsstufe zu verhängen. In Deutschland könnten Informationen nur so eingestuft werden, wenn ihre Veröffentlichung den Bestand der Republik gefährdete.

ÖVP-Klubchef Lopatka hingegen meint, das Respektieren fundamentaler Bürgerrechte dürfe vor den Toren des Hohen Hauses nicht haltmachen. Genauso sieht das der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ): Er will Unbescholtene im Zuge parlamentarischer Anfragen nicht mit Vorwürfen konfrontiert sehen. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 11.6.2014)