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Studentinnen aus Moldau am Flughafen der Hauptstadt Chisinau. Seit April gilt Visafreiheit.

Foto: EPA/DUMITRU DORU

Nicht nur die EU will, dass sich die Republik Moldau enger an sie bindet, auch US-Präsident Barack Obama kündigte am Dienstag an, die Partnerschaft mit Moldau aufzuwerten, als er davon sprach, mehr in das Militär in Osteuropa zu investieren. In Chisinau, der Hauptstadt der kleinen Republik, hat man erkannt, dass die Ukraine-Krise zwar eine Gefahr für die Stabilität des Landes darstellt, aber auch die Chance, von der EU als möglicher Kandidatenstaat gehandelt zu werden. Der osteuropäische Staat mit drei Millionen Einwohnern und einer stark Richtung Rumänien und dem Westen orientierten Regierung will sich gern "retten" lassen, um nicht zur zweiten Ukraine zu werden.

Der moldauische Premier Iurie Leanca betonte im Gespräch mit österreichischen Journalisten, dass es jetzt nicht um große militärische Investitionen gehe, sondern darum, Treibstoff für Militärfahrzeuge zu kaufen, die seit zehn Jahren nicht mehr gefahren würden, sowie "die Moral der Soldaten" zu stärken. Leanca räumte ein, dass Moldau im Fall einer militärischen Invasion ohnehin "nicht mehr als 50 Stunden Widerstand leisten" könne.

Abtrünnige Region Transnistrien

Leanca hat allerdings die Sorge, dass die Krise in der Ukraine auf Moldau "überschwappen" könne, zumal es in Moldau die Russland zugeneigte abtrünnige Region Transnistrien gibt, die Minderheit der Gagausen im Land ohnehin lieber zu Russland gehören wollen und auch "manche Politiker in Moldau das Land nicht in die EU, sondern in die Eurasische Union integrieren wollen".

Tatsächlich ist Moldau nicht nur wegen des Krieges um Transnistrien 1992 gespalten. In dem Land, in dem es einen großen russischsprachigen Bevölkerungsanteil gibt, sind viele gen Moskau orientiert und wählen die Kommunisten. Premier Leanca ist erst seit 2013 im Amt, Ende des Jahres finden Parlamentswahlen statt, die als Richtungswahlen zwischen Ost- und Westorientierung gelten. Falls die Kommunisten gewinnen, wäre eine Änderung der Außenpolitik die Folge, warnt Leanca. Er möchte sein Land möglichst schnell an den Westen binden. Am 27. Juni sollen ein Assoziierungsabkommen mit der EU und Freihandelsvereinbarungen unterschrieben werden.

Moskau sperrte Importe

Nachdem Russland im September wieder einmal den Import von moldauischen Weinen sperrte, ist die Union bereits eingesprungen und hat ihre Märkte geöffnet. Nun sollen auch moldauische Eier und Fleisch auf den EU-Markt gelangen können. Bereits jetzt macht Moldau 50 Prozent seines Handels mit der EU. Immerhin wuchs die Wirtschaft im Vorjahr um 8,9 Prozent. Allerdings ging der Handel mit Russland, der Ukraine, Weißrussland und Kasachstan durch die Ukraine-Krise seit Beginn des Jahres um 25 Prozent zurück.

Moldau versucht sich auch im Energiebereich unabhängiger von Moskau zu machen und will Verbindungen mit den rumänischen Gas- und Elektrizitätsleitungen. "Heute sind wir noch zu hundert Prozent von russischen Gaslieferungen abhängig", so Leanca. Er hofft, dass es bis zum 27. August, dem Unabhängigkeitstag, möglich sein wird, das erste Gas aus Rumänien nach Moldau zu bringen.

Die Schengen-Visa-Befreiung gilt seit April für die Moldauer. In den vergangenen eineinhalb Monaten seien 30.000 Moldauer ein- und ausgereist und nur fünf Personen abgewiesen worden, sagt Leanca. Das ultimative Ziel der Regierung sei es, dass Moldau ein EU-Kandidatenland wird. Zur EU-Mitgliedschaft gebe es keine Alternative. "Wir können in diesem Teil der Welt keine neutrale Schweiz sein." (Adelheid Wölfl aus Chisinau, DER STANDARD, 5.6.2014)