London – Adipöse brauchen doppelt so oft künstliche Kniegelenke wie Normalgewichtige, haben aber auch ein doppelt so hohes Risiko für Komplikationen nach der Operation. Das berichteten am Mittwoch Wissenschafter beim europäischen Orthopädie- und Unfallchirurgiekongress in London (EFORT).

Neue Studien

Auf der Tagung mit rund 7.000 Teilnehmern wurden unter anderem die Ergebnisse einer schottischen Langzeitstudie präsentiert. Verglichen wurden 686 Patienten, denen zwischen Dezember 1994 und August 1998 eine primäre Knie-Totalendoprothese angepasst wurde, mit 1.408 Patienten, die diesem Eingriff zwischen Jänner 2009 und November 2012 unterzogen wurden. Die Patienten in der zweiten Gruppe hatten durchschnittlichen einen BMI von 32 (ab 30 liegt Adipositas vor), die Angehörigen der ersten Gruppe hatten einen BMI von 29,4.

Ab wann ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) problematisch wird, zeigte eine neue Schweizer Studie. "Vor allem Adipöse ab einem BMI von 35 sind Risikokandidaten für Nachoperationen und Infektionen. Sie hatten im Vergleich zu den Patienten, die unter diesem Wert lagen, doppelt so oft Revisionen nötig und litten zweimal so oft an tiefen Infektionen. Bei Männern wirkte sich der hohe BMI stärker aus als bei Frauen", berichtete Matthieu Zingg von der Universitätsklinik Genf. Für die Studie waren die Daten von fast 2.500 Knieprothetik-Patienten ausgewertet worden.

Gewicht korreliert mit Prothesenbedarf

Mit dem Gewicht steigt der Bedarf an Prothesen, wie eine aktuelle nordirische Studie belegte. "Im Vergleich zur nordirischen Gesamtbevölkerung haben adipöse Männer ein doppelt so hohes Risiko, einmal ein künstliches Kniegelenk zu benötigen, bei adipösen Frauen ist das Risiko sogar 2,4-mal so hoch. Das sind alarmierende Zahlen, auf die mit wirkungsvollen Programmen zur Adipositas-Prävention reagiert werden sollte, um den enormen Bedarf an Endoprothetik und die drastische Kostenentwicklung im Gesundheitssystem zu dämpfen", so Christopher O'Neill (Musgrave Park Hospital, Belfast).

Für diese Untersuchung wurde der Body-Mass-Index von 1.000 Personen erfasst, die eine Knietotalendoprothese erhalten sollten. Mehr als 90 Prozent der Studienteilnehmer waren übergewichtig, während in der nordirischen Allgemeinbevölkerung dieser Wert bei 59 Prozent liegt – was für sich bereits ein hoher Anteil ist. 28,5 Prozent der Studienteilnehmer hatten einen BMI von 25,0-29,9 (Übergewicht), fast 62 Prozent waren adipös. Frauen schnitten insgesamt schlechter ab als Männer. (APA, derStandard.at, 4.6. 2014)