Der Marmor hoch, die Abzugshauben weit: In Wiens neuestem Hotelrestaurant am Hof sitzt man ziemlich feudal in der Küche.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eine Vorspeise aus gedämpfter Seeforelle, Kaviarmousse und Spitzpaprikagelee.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Weil sich vielleicht nicht alle erinnern können: Früher einmal war der neoklassizistische Kasten des Hotel Park Hyatt am Hof die Zentrale der Länderbank, noch früher tagte hier der Hofkriegsrat. Jahrelang wurde umgebaut, ein Teil des oberstortigen Kirchenbaus von nebenan annektiert, zwischenzeitlich verzögerte ein Großbrand den Fortgang. Anfang dieser Woche hat es nun tatsächlich eröffnet.

Nach Sofitel, Ritz-Carlton, Sans-Souci und Kempinski ist es das fünfte Luxushotel, das binnen weniger Jahre in Wien aufsperrt. Man darf gespannt sein, wie lange diese Ausweitung im High-End-Bereich gutgeht, die diesbezüglich interessierten Gäste aus Russland und Umgebung lassen sich ja nicht mehr so regelmäßig blicken.

Aber egal, damit dürfen sich die Shareholder herumschlagen. Rein stimmungsmäßig fügt sich die Protzburg jedenfalls nahtlos ins Goldene Quartier, eine Ansammlung hochnobler Boutiquen und Big-Brand-Dependancen, wie es sie in Prag, Astana oder Kiew seit Jahren gibt, in Wien aber schmerzhaft gefehlt hat. Immobilienentwickler René Benko ist auch hier der Hausherr.

Restaurant in Kassenhalle

Das in die vormalige Kassenhalle gebaute Restaurant hat den Namen "The Bank" verpasst bekommen, eine Entscheidung, für die wohl ein gefinkelter Bauchfleckspezialist verantwortlich zeichnet - oder war es gar ein hypeverliebter Konzeptkünstler? Die nächste Luxusbude wird in dieser Logik jedenfalls "Inkassobüro" heißen, oder "Beim Zahnarzt" - irgendetwas Verlockendes halt, wo man Geld und Freizeit noch einmal so gern durchbringt.

Innen ist es dann eh sehr imposant, dicke Teppiche dämpfen den Protz der gut sieben Meter hohen Halle auf Zimmerlautstärke. Der flächendeckend verlegte, schwarz geäderte weiße Marmor, die geschnitzte Bestuhlung mit taubenblauer Samtbespannung, die reich verzierte Decke sind durch und durch Old Style.

Der wird durch die offene, nur durch zwei Stufen vom Gastraum getrennte Showküche umso spektakulärer kontrastiert. Technikfreaks werden sich insbesondere an den massiven, frei über den Küchen schwebenden Abzugshauben (gut sechs Meter lang) freuen dürfen - richtig spacige Teile, die sich da in der Kassenhalle eingeparkt haben.

Hallo Kühlschrank!

Essenstechnisch ist noch Luft nach oben - beim derzeitigen Niveau könnte es trotz vergleichsweise gemäßigter Preisgestaltung schwierig werden, auch Einheimische herzulocken. Die Vorspeise aus dem Businesslunchmenü (32 Euro für drei Gänge) etwa bestand aus gedämpfter Seeforelle, Kaviarmousse und Spitzpaprikagelee (siehe Bild), wurde technisch einwandfrei exekutiert, brachte aber das Kunststück zustande, bereits am Tag der Eröffnung dezidiert nach Kühlschrank zu schmecken.

Saltimbocca vom Wels, ein Gericht, dass zuletzt in den 1990er-Jahren auf einer Speisekarte gesichtet wurde, versucht zwar geschickt, das schlammige Aroma des rotfleischigen Welses mittels Speckwickel zu übertünchen, als gelungen darf die Übung deshalb aber nicht gelten. Viel besser ist, was aus der großen, gasbeflammten Rôtisserie kommt: Französisches Stubenküken etwa, das bei knusprigster Haut wunderbar saftig gerät und mit Ofengemüse und Sauce béarnaise ganz unkomplizierte, geradezu familientischmäßige Zuspeisen beigestellt bekommt.

Die Weinkarte hat auch offen allerhand schöne Überraschungen zu bieten, dafür kommt der Kaffee aus einem Frühstücksautomaten. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 6.6.2014)