Mit dem Studieren ist es wie mit dem Essen: Was weg muss, muss weg! Erst die leidigen Karotten runterwürgen, im Erdäpfelpürree rummantschen, bis es kalt ist, dann an den Rand schieben, und zuletzt endlich, endlich die Würstchen! Sind Sie auch so? Es gibt ja Menschen, die wollen es hinter sich bringen. Die erledigen erst das Anstrengende, Unangenehme, bevor sie sich dann mit dem Erfreulichen belohnen. Meist sind die beim Essen auch so. Daran erkennt man sie.
Ich war früher auch eine von dieser Sorte. Das war mir gar nicht so bewusst, bis ich kürzlich meine alten Diplomprüfungszeugnisse heraussuchen musste. Da steht es Schwarz auf Weiß: Zuerst habe ich jene Studienteile erledigt, die ich am wenigsten mochte. Mit den für mich härtesten Brocken war ich schon zwei Jahre vor Studienende fertig. Erst die Pflicht, dann die Kür. Für jene habe ich mir dann fast zu viel Zeit gelassen. Heute können sich das die Studierenden an der Uni ja nur mehr ganz bedingt aussuchen, weil die STEOP (Studieneingangs- und Orientierungsphase) den Studienaufbau sehr genau regelt, zumindest am Beginn. Da treffen sich Karotten- und Würstchenesser nolens volens – und nein, ich will keine Diskussion mit Vegetariern anfangen!
Ich wurde zum Glück auch nie zum Essen gezwungen, zum Studieren übrigens auch nicht. Hätte ich heute die Wahl, würde ich an der WU in Wien studieren. Haben Sie schon den neuen Campus gesehen? Was da, auch städtebaulich, geleistet wurde, ist wirklich sehenswert. Der Campus ist gut durch öffentliche Verkehrsmittel angebunden, zum grünen Prater und zum angrenzenden Grätzel hin offen, und wer durchspaziert, wird aufs Angenehmste überrascht.
Weniger als die Hälfte der 90.000 Quadratmeter großen Fläche wurden verbaut, und das macht sich gerade in der warmen Jahreszeit angenehm bemerkbar. Große Freiflächen mit unterschiedlichsten Sitzmöbeln laden, ähnlich wie im Museumsquartier, zum Verweilen ein. Kulinarische Infrastruktur ist auch vorhanden, zum Beispiel diverse Restaurants und eine schicke Mensa, in der eine hinterleuchtete Fototapete einen Wald ins Gebäude zaubert. Mit Fortschreiten des Tages ändert sich hier die Licht- und Lernstimmung.
Beim Betreten des Learning Center von Zaha Hadid verschlägt es der Neo-Studentin den Atem: So luftig-leicht und hell hätte ich gern schon vor 20 Jahren studiert. Die Bibliotheksarbeitsplätze verfügen alle über Tageslicht und gewähren großteils einen wunderschönen Ausblick in den Prater. Bachelor- und Masterstudenten können zum Verfassen ihrer Abschlussarbeit tage- oder wochenweise gratis Einzelbüros nutzen. So, genug geschwärmt, und natürlich sucht man sich sein Studium nicht nach den Räumlichkeiten aus. Die Lehrinhalte an der WU werden ja von den Studierenden mitunter durchaus kritisiert, am Campus selbst gibt es nichts zu meckern.
Ich jedenfalls bleibe meinem Institut für Informatik treu, ist ja auch sehr gut ausgestattet – wenn auch der Beamer ... (Tanja Paar, derStandard.at, 3.6.2014)