Die Reaktionszeit im Straßenverkehr ist hauptsächlich altersabhängig. Menschen mit neurologischen Erkrankungen können oft aktiv am Straßenverkehr teilnehmen. Das hat eine Studie ergeben, die beim Europäischen Neurologenkongress in Istanbul (bis 3. Juni) präsentiert worden ist.
Alter entscheidend
"Wie lässt sich am besten beurteilen, ob die Reaktionsfähigkeit von Patienten mit neurologischen Erkrankungen noch den Erfordernissen des Straßenverkehrs genügt?" Dieser Frage ging Alexandra Economou von der Universität Athen nach.
Sie setzte insgesamt 87 Probanden unterschiedlichen Alters hinter den Fahrsimulator: 49 gesunde Kontrollpersonen, 14 Menschen mit leichter kognitiver Störung, 13 Personen mit einer milden Form von Demenz und elf Patienten, die unter der Parkinsonerkrankung leiden. Überprüft wurde die Reaktionszeit auf unerwartete Zwischenfälle bei Fahrten in der Stadt und über Land.
"Betrachtete man bei den Testergebnissen nur einen Faktor, nämlich das Alter, so zeigte sich, dass die Reaktionszeiten bei Stadt- wie Landfahrten in erster Linie von den Lebensjahren der Teilnehmer abhingen, ungeachtet dessen, ob sie gesund oder krank waren", berichtete die Wissenschafterin. Verglich man hingegen die verschiedenen Patientengruppen mit der gesunden Kontrollgruppe, schnitten Demenzpatienten bei Fahrten über Land am schlechtesten ab.
Mit Komapatienten kommunizieren
Im Rahmen des Joint Congress of European Neurology in Istanbul haben Forscher aus Österreich und Belgien auch eine Studie zu innovativen Methoden, mit Koma-Patienten in Kontakt zu treten, präsentiert. Ziel ist es, anhand der aufgezeichneten Gehirnströme auch mit nur eingeschränkt bewussten Menschen kommunizieren zu können.
"Das sind in der Regel Patienten, die ein Koma überlebt haben und sich entweder in einem Zustand mit eingeschränktem Bewusstsein befinden, oder ein sogenanntes 'Locked-in-Syndrom' zeigen", sagte Steven Laureys von der Universität von Lüttich (Liege). Beim Locked-in-Syndrom besteht eine vollständige Lähmung des Körpers inklusiver der für das Sprechen notwendigen Muskulatur bei vollem Bewusstsein. Bei allen diesen Menschen kann man, ebenso wie bei Gesunden, die Gehirnströme (EEG) messen. Sie lassen sich auch bis zu einem gewissen Grad willentlich steuern. Die Signale könnten aber auch für die Kommunikation verwendet werden.
Viele der Betroffenen können schlecht sehen, andere schlecht hören oder sie sind überhaupt auf ihren Tastsinn angewiesen. Die Forscher der Universität Graz und der Universität in Lüttich erprobten daher sowohl akustische als auch taktile Reize sowie motorische Vorstellung - Patienten stellen sich vor, den Arm zu bewegen.
Das akustische Verfahren erfüllt dabei zunächst den Zweck, festzustellen, ob der überhaupt so weit bei Bewusstsein ist, dass eine Kommunikation möglich werden könnte. Die anderen beiden Zugänge sind direkt zur Kommunikation geeignet. Bei gesunden Probanden konnte mit diesen Methoden eine Zuverlässigkeit von rund 80 Prozent erreicht werden.
Am einfachsten ist es laut Laureys, "Ja" zu sagen, indem man sich beispielsweise auf seinen linken Arm konzentriert. In einem weiteren Schritt kann man das Vokabular dann auf "Ja" und "Nein" erweitern. Schließlich kann es auch gelingen, auf diesem Weg einen Cursor zu steuern. "Unsere Hoffnung ist, dass es mit dieser Methode auch möglich werden könnte, zum Beispiel einen Rollstuhl zu manövrieren", sagt Laureys.
Derzeit liegt eine wichtige Einschränkung jedoch darin, dass die Experimente zwar mit gesunden Probanden bereits ausgezeichnet klappen, bei neurologisch schwer geschädigten Patienten jedoch auf zusätzliche Probleme stoßen. Beispielsweise haben diese Menschen oft Probleme, sich über längere Zeit zu konzentrieren oder sind intellektuell eingeschränkt. (APA, derStandard.at, 3.6.2014)