Bild nicht mehr verfügbar.

Hunderte Kohlekraftwerke könnten in den kommenden Jahrzehnten in den USA dichtgemacht werden.

Foto: REUTERS/PETER ANDREWS

Washington - US-Präsident Barack Obama hat einen bedeutenden Vorstoß im Kampf gegen den Klimawandel unternommen. Die Umweltbehörde EPA veröffentlichte am Montag auf seine Anweisung geplante Regeln, nach denen Kraftwerke bis 2030 ihren Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) gegenüber 2005 um 30 Prozent verringern müssen.

Die Verordnung soll Medienberichten zufolge nach einem öffentlichen Verfahren in rund einem Jahr in Kraft treten. Umweltschützer lobten die Ankündigung als historischen Schritt. Vor allem die Republikaner und Vertreter der Industrie kündigten Widerstand an.

Beschränkung auf nationaler Ebene

Der Vorschlag für den "Saubere-Energie-Plan" beschränke erstmals auf nationaler Ebene die Emission von Treibhausgasen durch bestehende Kraftwerke, hieß es in der Mitteilung der EPA. Ihm zufolge dürfen die einzelnen Bundesstaaten selbst entscheiden, mit welchen Maßnahmen sie das Ziel erreichen.

Möglich sind etwa effizienzsteigernde Umbauten bestehender Anlagen oder der vermehrte Einsatz von Wind- oder Solaranlagen zur Energiegewinnung. Auch ein Handel mit Emissionsrechten ist erlaubt. Ihre Planungen müssten die Staaten demnach bis Juni 2016 bei der EPA einreichen.

"Indem er sauberere Energiequellen stärkt und Energieverschwendung verringert, wird dieser Plan die Luft, die wir atmen, säubern und dabei helfen, den Klimawandel zu verlangsamen", sagte die EPA-Chefin Gina McCarthy. Stromkraftwerke seien für rund ein Drittel des CO2-Ausstoßes in den USA verantwortlich. Auch die Emission anderer Giftstoffe werde durch das Vorhaben deutlich reduziert.

Wende in der Energiegewinnung

Nach Einschätzung der "New York Times" handelt es sich um eine der weitgehendsten Maßnahmen einer US-Regierung gegen den Klimawandel überhaupt. Sie könnte letztlich zur Schließung hunderter Kohlekraftwerke und in den kommenden Jahrzehnten zu einer Wende in der Energiegewinnung führen, schrieb das Blatt unter Berufung auf Experten.

Obama hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, entsprechende Regeln von seiner Regierung erarbeiten zu lassen. Er braucht dafür nicht die Zustimmung des Kongresses. Es wird dennoch erwartet, dass der Vorstoß von Gegnern politisch und juristisch angegriffen wird. In einem anderen Fall einer EPA-Regulierung steht ein vielleicht wegweisendes Urteil des Obersten Gerichts in Washington in Kürze aus.

Die Republikaner reagierten prompt mit starker Ablehnung: "Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Kohle und die damit verbundenen 800.000 Stellen zu vernichten", sagte Senator Mike Enzi aus Wyoming laut dem Politikportal "Politico". Sollte dieser "Tod durch Regulierung" Realität werden, werde Strom in Zukunft knapp und teuer, meinte der Senator.

Sinkende Gesundheitskosten

Die US-Handelskammer beziffert den ökonomischen Schaden auf 50 Milliarden Dollar (36,7 Mrd. Euro) jährlich. Laut der EPA sinken hingegen allein die Gesundheitskosten der Gesellschaft durch Atemwegserkrankungen um 93 Milliarden Dollar. Zudem würden Innovationen auf dem Energiesektor neue Arbeitsplätze schaffen.

Mit den neuen Maßnahmen könnten die USA ihre 2009 zugesagten Ziele erreichen, den Ausstoß von Treibhausgasen im Land bis 2020 um 17 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken, meinen Experten. "Es ist der größte Schritt, den unser Land jemals getan hat, um gegen die Bedrohung des Klimawandels vorzugehen", sagte der Präsident der Washingtoner Umweltschutzgruppe EDF, Fred Krupp, in einer Mitteilung.

Auch China will Treibhausgase mindern

Obama wollte die Emissionen ursprünglich durch ein Klimagesetz begrenzen, hat dafür aber keine Mehrheit im Kongress. Stattdessen versucht er, seine Ziele mit Präsidenten-Erlassen zu erreichen. Grundlage ist ein Gesetz gegen Luftverschmutzung von 1970. Nach derzeitigem Stand sind die USA nach China das Land mit dem zweitgrößten CO2-Ausstoß. Am Dienstag gab der chinesische Klimabeauftragte He Jiankun bekannt, dass auch in seinem Land der Treibhausgas-Ausstoß eingedämmt werden soll.

Erstmals soll in China einer Obergrenze für Emissionen festgesetzt werden. Die Ziele würden im nächsten Fünfjahresplan verankert, der ab 2016 in Kraft tritt, sagte der am Dienstag in Peking.

Der weltgrößte Produzent von Kohlendioxid (CO2) hat sich zwar bereits Grenzen gesetzt. Diese sind jedoch an das Wirtschaftswachstum des Landes gekoppelt und konnten daher die Emissionen insgesamt nicht beschneiden. Künftig soll es Jiankun zufolge sowohl absolute Obergrenzen wie Vorgaben für die Energieeffizienz geben. Der Ausstoß von Klimagasen in China ist seit 2005 um rund 50 Prozent gestiegen.

Sinkende Emissionen in der EU

In der EU hingegen sind die Treibhausgase nach dem neuesten Jahresbericht der Europäischen Umweltagentur von 2011 auf 2012 um 1,3 Prozent von 4.603 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auf 4.544 Millionen Tonnen gesunken. In Österreich nahmen sie nach dem Bericht 2014 um 3,7 Prozent von 83 auf 80 Millionen Tonnen ab.

Den höchsten Ausstoß wies 2012 Deutschland mit 939 Millionen Tonnen auf, gefolgt von Großbritannien (581), Frankreich (490), Italien (460), Polen (399), Spanien (341), Niederlande (192), Tschechien (131), Rumänien (119), Belgien (117), Griechenland (111), Österreich (80), Portugal (69), Ungarn (62), Bulgarien und Finnland (je 61), Irland (59), Schweden (58), Dänemark (52), Slowakei (43), Kroatien (26), Litauen (22), Slowenien und Estland (je 19), Luxemburg (12), Lettland (11), Zypern (9) und Malta (3).

Festgefahrene Gespräche

Die aktuellen politischen Vorstöße könnten wieder Bewegung in die festgefahrenen Weltklima-Gespräche bringen. Die rivalisierenden Wirtschaftsmächte hatten sich gegenseitig vorgeworfen, zu wenig für den Klimaschutz zu tun. Umweltgruppen bemängelten, keiner der beiden wolle den ersten Schritt tun und damit würden insgesamt Fortschritte verhindert.

Im kommenden Jahr soll bei der Weltklima-Konferenz in Paris ein Vertrag unterzeichnet werden, der ab 2020 in Kraft treten soll. Der UNO-Weltklimarat hatte die Staatengemeinschaft erst Mitte April eindringlich zu einem schnelleren und ambitionierteren Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. (APA, 3.6.2014)