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Die Hurrikansaison 2014 wurde vor wenigen Tagen mit dem Hurrikan "Amanda" eröffnet. Forscher schlagen vor, künftig von Frauennamen abzusehen, da weibliche Bezeichnungen zu einer Unterschätzung des Risikos führen.

Foto: EPA/NOAA/HANDOUT

Urbana – Die Namen der Wirbelstürme bis ins Jahr 2019 sind bereits vergeben. Doch US-Forscher raten nun, ihre Bezeichnung dringend zu überdenken, weil das viele Leben retten könnte. Wie das möglich sein soll? Ganz einfach: Hurrikane mit Frauennamen werden notorisch unterschätzt, was dazu beiträgt, dass die Zahl der jährlichen Hurrikantoten in den USA im Schnitt rund 200 beträgt.

Seit den 1970er-Jahren hat sich für Hurrikane ein einfaches und geschlechterparitätisches Bezeichnungssystem eingebürgert: Männliche und weibliche Vornamen wechseln in alphabetischer Reihenfolge. Heuer beispielsweise heißen die ersten Hurrikane über dem nördlichen Ostpazifik Amanda, Boris, Cristina und Douglas. Zuvor hatten Hurrikane in den USA nur weibliche Namen erhalten: Nicht allzu feministische Meteorologen hatten das aufgrund der launischen Natur der Wirbelstürme für angemessen gehalten.

Ausschluss von "Audrey" und "Katrina"

Forscher um Kiju Jung und Charon Shavitt von der Universität von Illinois in Urbana-Champaign analysierten nun, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Namen und der Zahl der Todesfälle durch Hurrikane gibt. Sie werteten insgesamt 94 atlantische Hurrikane aus, die zwischen 1950 und 2012 in den USA auf Land getroffen waren. Dabei schlossen sie zwei "weibliche" Stürme wegen ihrer besonderen Stärke aus: Hurrikan "Katrina" aus dem Jahr 2005 und "Audrey" aus dem Jahr 1957, die alle Opferbilanzen verzerrt hätten.

Dennoch fanden die Forscher, dass schwere Hurrikane mit einem weiblichen Namen im Schnitt eine um fast drei Mal höhere Zahl von Todesopfern zur Folge haben als solche mit einem Männernamen. Doch damit gaben sich die Forscher noch nicht zufrieden. Im Anschluss an die statistischen Analysen befragten sie für weitere sechs Teilstudien Testpersonen, um mehr über die Gründe für diesen zunächst merkwürdig erscheinenden Zusammenhang herauszufinden.

Die Befragten sollten zum Beispiel die Intensität oder Gefährlichkeit von fünf weiblichen und fünf männlichen Hurrikanen vorhersagen oder angeben, bei welchem Sturmszenario sie einer Evakuierungsempfehlung folgen würden. Die Tendenz war in allen Befragungen gleich: Hurrikane mit einem Frauennamen wurden als weniger gefährlich angesehen und folglich waren die Testpersonen weniger bereit, sich selbst in Sicherheit zu bringen oder andere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

Alexander statt Alexandra

"Bei der Beurteilung der Sturmintensität scheinen die Leute davon auszugehen, wie sich Männer und Frauen verhalten", sagt Sharon Shavitt. Das führe dazu, dass weibliche Hurrikane, vor allem die mit sehr weiblichen Namen wie "Belle" oder "Cindy", sanfter und weniger heftig erscheinen. Entsprechend wurde auch der mögliche Verlauf von Hurrikan "Alexander" als bedrohlicher empfunden als der von "Alexandra".

Die Stereotype, die dieser Einschätzung zugrunde liegen, seien subtil und nicht zwangsläufig feindselig gegenüber Frauen, so Shavitt weiter. Die Forscher hatten durch weitere Befragungen nämlich herausgefunden, dass die verzerrte Einschätzung eines Sturms nicht mit den allgemeinen Ansichten über Geschlechterrollen in Verbindung stand. Auch solche Personen, die Stereotype grundsätzlich ablehnten, beurteilten Hurrikane mit Frauennamen als milder. (red, dpa, derStandard.at, 2.6.2014)