Erdogan kommt. Oder, in schöner Heilserwartung auf einer Facebook-Seite des Wiener Ablegers der Erdogan-Partei AKP formuliert: "Die Sehnsucht endet. Der Meister kommt nach Wien."

Klingt ein bisschen nach Sektenguru, aber so ist das eben mit der Verehrung starker Führer. Der türkische Ministerpräsident will Präsident werden und unternimmt jetzt Wahlreisen dort, wo es viele türkische Zuwanderer gibt, die jetzt im Ausland wählen dürfen. In Deutschland bezeichnete Erdogan schon einmal "Assimilierung" als "Verbrechen", bei seinem kürzlichen Auftritt in Köln gab es auch tausende Gegendemonstranten.

Wird es dazu auch in Wien kommen? In Österreichs türkischer Community dominieren zwei konservative Verbände - die Österreich-Türkische Union (Atib), die weitgehend unter dem Einfluss der türkischen Regierung steht; und die Islamische Föderation, die aus der umstrittenen nationalreligiösen Bewegung Milli Görüs hervorgegangen ist.

Allerdings gibt es ziemlich viele türkische Aleviten in Österreich, die den Islam nicht dogmatisch auslegen und auch als eigene Religion anerkannt werden wollen; außerdem viele türkische Kurden, die Erdogan auch eher kritisch gegenüberstehen.

Jedenfalls verfügt Erdogan über eine gewisse Gemütsruhe: Während er zu Hause Proteste niederknüppeln lässt, hält er im Ausland Wahlreden.  (RAU, DER STANDARD, 3.6.2014)