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Durch Brandrodung geht jedes Jahr wertvollster Regenwald verloren.

Foto: Reuters/Yusuf Ahmad

Wien - 11,9 Millionen Treffer zeigt Google, wenn man in die Suchzeile Feuer eintippt. 13,8 Millionen sind es bei Erde, 26,8 Millionen bei Luft, knapp 50 Millionen bei Wasser. Feuer schreckt viele Menschen ab, ruft Ängste hervor.

Tatsächlich gibt es kaum etwas Zerstörerischeres als Feuer. Ein rasendes Buschfeuer kann die Landschaft völlig verändern, zur Gefahr für Leben und Besitz werden, Tier- und Pflanzenwelt aus dem Gleichgewicht werfen. Die Auswirkungen von Waldbränden auf die Artenvielfalt sind gravierend.

Feuerempfindliche Ökosysteme

"Sämtliche Ökoregionen, die für die Erhaltung der globalen Artenvielfalt entscheidend sind, sind auf 84 Prozent ihrer Fläche durch Veränderungen in der Intensität und Häufigkeit von Feuern gefährdet," konstatiert der WWF (World Wildlife Fund).

Nur auf den verbleibenden 16 Prozent bewegten sich die auftretenden Feuer innerhalb ökologisch akzeptabler Grenzen. Feuerempfindliche Ökosysteme wie die tropischen Regenwälder, in denen Pflanzen und Tieren die Anpassung an natürliche Brände fehlt, seien sogar auf 93 Prozent ihrer Fläche gefährdet. Auch hier hat der Mensch die Finger im Spiel.

Mensch verantwortlich

"Weltweit haben nur vier Prozent aller Waldbrände natürliche Ursachen wie beispielsweise Blitzschlag. In allen anderen Fällen ist der Mensch - sei es direkt oder indirekt, sei es fahrlässig oder vorsätzlich - verantwortlich für den Brand", schreibt Peter Hirschberger, Autor der WWF-Studie "Wälder in Flammen".

Schwere Brände haben vielfältige Auswirkungen. Sie tragen zum Beispiel zur Bodenerosion bei. Trifft heftiger Regen auf ungeschützten Boden, wird das Erdreich weggespült.

Auch die Pflanzen spüren die Folgen. Empfindlichere Arten werden in Mitleidenschaft gezogen und gehen ein. Andere wiederum können sich gut anpassen. Nicht selten sind das Gewächse, die sich zum Nachteil der einheimischen Flora ausbreiten. Damit sind auch Tiere bedroht, die auf bestimmte einheimische Pflanzen angewiesen sind. In Australien etwa zählen der Koala und der Fuchskusu, das dort am häufigsten in Städten anzutreffende Beuteltier, zu den gefährdeten Arten. Sie könnten aussterben, wenn zu viel ihres natürlichen Lebensraums durch Feuer zerstört wird.

Mehr Aufklärung nötig

Australien war zuletzt von Waldfeuern extremst betroffen. "Es gibt eine große Evidenz, dass die Zahl der Brände, aber auch deren Intensität deutlich zugenommen hat", sagte Luke Chamberlain dem Standard. Der in Melbourne aufgewachsene Chamberlain hat für die australische Umweltorganisation The Wilderness Society gearbeitet. Jetzt lebt er in Wien.

Geht es nach ihm, müsste von Politikern viel mehr Aufklärung betrieben werden. "Feuer sind völlig natürlich, sie sind wichtig für das Ökosystem," erklärt Chamberlain. Das Problem sei aber, dass noch immer bis tief in die feuergefährlichsten Zonen hinein gebaut werde. Welche Folgen das habe, könne man in Melbourne studieren. Dort sind nach einer Feuersbrunst im Februar 2009 fast 200 Menschen gestorben.

Klimaphänomen El Niño

In den vergangenen 200 Jahren hat der australische Kontinent rund 75 Prozent seiner Regenwälder, etwa 66 Prozent seiner anderen Wälder sowie 19 Säugetier- und 68 Pflanzenarten verloren, die es zum überwiegenden Teil nirgendwo sonst auf der Welt gibt.

Geraten Brände außer Kontrolle, kann das verschiedene Ursachen haben. Ein naturbedingter Faktor ist das als El Niño (Spanisch für "das Kind") bekannte Klimaphänomen, das rund um die Erde immer wieder für heißes und trockenes Wetter sorgt - ideale Bedingungen für das Entstehen von Bränden.

Häufig werden Brandkatastrophen einfach durch Gedankenlosigkeit ausgelöst. Entwaldung und Holzeinschlag vergrößern dann noch die Brandgefahr. Bei Baumfällarbeiten sammeln sich oft zusätzliche Holzreste an, die Waldbränden als Nahrung dienen.

Wirtschaftliche Interessen

Durch Holzeinschlag entstehen auch Lücken im Blätterdach, es dringt mehr Sonnenlicht durch, und die Schicht brennbaren Materials auf dem Boden trocknet aus. Löst ein Funke unter derartigen Umständen einen Waldbrand aus, gerät dieser leicht außer Kontrolle.

Zudem können wirtschaftliche Interessen das Problem der Großbrände noch verschlimmern. In Indonesien beispielsweise haben die Bauern jahrhundertelang Brandrodung betrieben, ohne das natürliche Gleichgewicht nennenswert zu stören. Feuer, die von den Bauern sorgfältig und kontrolliert eingesetzt werden, wirken sich ähnlich auf die Umwelt aus wie natürlich entstandene Feuer.

In letzter Zeit ist die traditionelle Brandrodung aber industrialisiert worden. Aufgrund der weltweit steigenden Nachfrage nach Produkten wie Palmöl wurden ganze Wälder abgeholzt und durch schnell wachsende Pflanzen ersetzt. Die einfachste und billigste Methode, Land zu gewinnen, ist das Niederbrennen der natürlichen Vegetation.

Ökologisches Gleichgewicht

Feuer kann sich aber auch positiv auswirken. Daran sollte man denken, wenn am kommenden Donnerstag der Weltumwelttag begangen wird. Dieser wird in Erinnerung an den Eröffnungstag des ersten Weltumweltgipfels, der am 5. Juni 1972 in Stockholm stattgefunden hat, in rund 150 Ländern mit einer Vielzahl an Veranstaltungen gefeiert.

Tatsache ist, dass Brände eine Schlüsselrolle bei der Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts spielen. Einige Pflanzenarten sind auf Feuer regelrecht angewiesen, damit ihre Samen aufgehen können. Die Außenhüllen mancher Samen sind nämlich so hart, dass sie durch Feuer zum Platzen gebracht werden müssen. Erst dann kann Feuchtigkeit in sie eindringen.

Selbst der Rauch hat gute Seiten: Darin sind rund 70 verschiedene Bestandteile enthalten, denen eine keimungsfördernde Wirkung zugeschrieben wird.

Auch viele Tiere profitieren von den Bedingungen nach einem Feuer: Die neu gewachsenen Pflanzen sind in der Regel besonders zart und saftig. (Günther Strobl, DER STANDARD, 31.5.2014)