Kiew/Moskau - Ein warmer Empfang sieht anders aus: Mit "Schande, Schande"-Rufen wurde Witali Klitschko, Kiewer Bürgermeister in spe, am Sonntag von den Demonstranten auf dem Maidan begrüßt. Klitschko hatte zuvor erklärt, die Proteste hätten ihr Ziel erreicht, nun sei es an der Zeit, die Zelte auf dem Platz abzubauen und die Verwaltungsgebäude, speziell das Rathaus, zu räumen.

Auseinander gehen wollen die Maidan-Aktivisten noch nicht. Stattdessen forderten sie die ukrainische Regierung auf, ihren Rechenschaftsbericht abzulegen. Auch Klitschko zeigte sich bereit, seinen Amtseid vor den Demonstranten zu schwören und eine Vertretung des Maidan in der Stadtverwaltung einzurichten. Zugeständnis der Demonstranten: striktes Alkoholverbot - zuletzt hatte es mehrfach Konflikte um betrunkene Maidan-Kämpfer gegeben.

23 dieser Kämpfer werden den Hauptdemonstrationsplatz des Landes aber doch verlassen - als Freiwillige in der Nationalgarde, die im Osten zur Niederschlagung des Aufstandes eingesetzt wird. Am Sonntag blieb es in der Region vergleichsweise ruhig, nur vereinzelt gab es Gefechte um Slawjansk.

Zunehmend bereitet allerdings das Schicksal eines vierköpfigen OSZE-Teams Sorge, das seit Montag verschwunden ist. Die Männer waren an einer Straßensperre aufgehalten worden. Später erklärten die Separatisten, das Team sei in ihrer Gewalt und werde wieder freigelassen, sobald der Spionageverdacht entkräftet sei.

Inzwischen widersprechen die Separatisten allerdings ihren eigenen Angaben: Am Sonntag erklärte der "Volksbürgermeister" von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, in der Stadt gebe es keine OSZE-Beobachter mehr. Denis Puschilin, einer der Anführer der vor einem Monat ausgerufenen "Donezker Volksrepublik", sagte gar, er wisse nichts über den Verbleib der Beobachter. Auf eine Freilassung deuteten diese Aussagen nicht hin, zumal die OSZE eigenen Angaben zufolge noch immer keinen Kontakt zu dem Team herstellen konnte. (André Ballin, DER STANDARD, 2.6.2014)