Tiertragödien im Osten, Tiertragödien im Westen. Vergangene Woche fiel laut einer Meldung der Nachrichtenagentur RIA Nowosti bei einem Tiertransport im russischen Murmansk die 120 Kilo schwere Buchhalterin des "Sowjetischen Zirkus" bei der Vollbremsung eines Kleinbusses versehentlich auf das Zirkuskrokodil. Bei der ärztlichen Untersuchung stellte sich heraus, dass das Reptil zwar keine inneren Verletzungen davongetragen hatte, wohl aber erlitt es einen Schock und erbrach sich drei Stunden lang. Ob das Krokodil zuvor schon magenleidend oder neurotisch gewesen war, verschwieg die Agentur leider.

Niemand hat es gern, wenn eine 120 Kilo schwere Buchhalterin auf einen fällt. Bei einem Krokodil wirkt ein Buchhalterinnenbefall aber noch dramatischer, weil das Krokodil ein flaches Tier ist und sich allein schon aus diesem Grunde gedemütigt fühlt, wenn es geplättet wird. Buchhalterinnen, die auf Giraffen fallen, richten weit weniger psychischen Schaden an.

Dem Krisenkolumnisten sind etliche weitere Fälle von Missständen in Zoos oder Zirkussen bekannt. In manchen Zoos ist der Bär los. In anderen sind die vietnamesischen Hängebauchschweine so schmutzig, dass es der Sau graust. Manchmal hat der Elefant von Celebes hinten etwas Gelebes.

Häufig sparen die Zoo- oder Zirkusdirektoren an der Qualität des Futters, sodass in der Konsequenz die Waldesel nach Tisch furzen wie die Waldesel und die Reiher reihern wie die Reiher. Ja, nach besonders ungustiösen Zirkusmahlzeiten hat man auch schon Pferde kotzen gesehen.

Weniger glimpflich als das russische Krokodil kam diese Woche ein Tier im Schönbrunner Zoo davon. Die Geschichte wirkt vielleicht bereits abgefrühstückt, lehrreich bleibt sie allemal. In Schönbrunn flanierte nämlich ein geistig minderbemittelter Pfau durch das Eisbärengehege, als wäre das das Selbstverständlichste der Welt. Gewiss glaubte er, Bärin Lynn müsse ihn bewundern, für eine Bärin ist jedoch ein Pfau eine Art "Lila Pause", ein Snack für den kleinen Hunger zwischendurch.

Wahrscheinlich kam der Pfau nicht einmal mehr dazu, sich zu überlegen, was er falsch gemacht hatte, als Lynn ihn in Stücke riss. Sein Verhalten ist jedenfalls ein weiterer Beweis für die Gültigkeit des alten Sprichwortes: Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 31.5./1.6.2014)