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Hoffen auf die Flut. Die EZB könnte den Markt für Verbriefungen unterstützen und damit eine Anlageklasse wiederbeleben.


Foto: Reuters/Pfaffenbach

Wien - Die Zinslandschaft gleicht zusehends einer Ödnis. Bei Staatsanleihen aus Industrienationen sind seit Jahresbeginn die Verzinsungen deutlich gefallen, auch gut bewertete Unternehmenspapiere rangieren längst unter einer Nominalverzinsung von zwei Prozent. Selbst bei hochriskanten Anleihenstrategien, etwa Hochzinsanleihen, winken nur noch magere Renditen, die Kurse der Papiere sind dramatisch gestiegen.

Vor einem Zinsdilemma warnte daher Frank Engels, Chief Investment Officer für Anleihen der Union Investment, beim aktuellen Fund Manager Forum, veranstaltet von e-fundresearch in Wien. Das Dilemma? "Niedrige Renditeniveaus, gepaart mit der Erwartung mittelfristig steigender Zinsen." Denn niedrige Verzinsung gerade bei Staats- und sicheren Unternehmensanleihen bedeutet auch hohes Zinsrisiko. Lange bevor die Notenbanken die Leitzinsen erhöhen, können die langfristigen Renditen steigen und Anleihenanlegern Verluste einbrocken.

Daher greifen Investoren stärker zu exotischen, mitunter unerprobten Anlagen, um höhere Renditen zu erzielen. Dafür nehmen sie bei den Anlagen andere Risiken in Kauf, um statt zwei Prozent pro Jahr vier oder fünf zu verdienen. "Die Jagd nach Rendite ist nach wie vor massiv", schätzt Ali Masarwah, Fondsexperte bei Morningstar, der regelmäßig die Kapitalflüsse in Europa untersucht. Und diese Jagd erfasst auch exotische Anlageklassen:

Q Kreditbündel: Die Europäische Zentralbank schnürt seit Monaten an einem speziellen Paket. Sie will den Markt für Verbriefungen wiederbeleben. Jenen Markt, der noch 2007 die ersten Schockwellen durch das Finanzsystem schickte. Den Markt, der vor Abkürzungen nur so wimmelt, von ABS bis CDO bis CMBS. Diesen komplexen Kapitalmarkt will die EZB unterstützen, damit Unternehmen in der Eurozone leichter an Kredite kommen. Papiere wie Asset-Backed Securities, forderungsbesicherte Wertpapiere, stehen im Fokus.

Auch in der Fondsbranche wittert man Chancen. Denn dieses Mal sei vieles anders als in der Vorkrisenphase, als Schrottpapiere in ABS verbrieft wurden. So müssen die Banken einen Teil der Risiken auf den eigenen Bilanzen halten und können die Gefahren nicht einfach an die Investoren abtreten. Die Verbriefungen können daher heute als solider eingestuft werden, betont Engels. Lediglich bei der Liquidität könnte es weiterhin Probleme geben. "ABS sind nichts für einen Investor, der täglich raus oder rein möchte", denn der Markt sei dafür nicht liquide genug.

Q Hybridkapital Auch nachrangige Anleihen profitieren von der Jagd. Die Investoren dieser Papiere werden gegenüber anderen Gläubigern - wie der Name schon sagt - nachrangig behandelt. Im Pleitefall müssen sie also Verluste mittragen, auch werden die Kupons dieser Papiere oft nicht bedient, wenn das Unternehmen gerade keine Gewinne macht. Doch auch in diesem Segment sind die erzielbaren Renditen geschrumpft.

Q Harte Kokosnuss Coco-Bonds (Contingent Convertibles) sind eine der Reaktionen auf die Finanzkrise. Banken müssen solche Instrumente begeben, um regulatorische Vorgaben zu erfüllen, zuletzt hat die Deutsche Bank oder die britische Barclays solche Bonds begeben. Diese Anleihen werden automatisch in Aktien umgewandelt, wenn die Eigenkapitaldecke einer Bank zu dünn wird. Cocos sind mit Kupons von sechs bis sieben Prozent verzinst. Das klingt nach viel, doch die Papiere sind schwierig zu bewerten, weil das Risiko, dass eine Bank unter eine gewisse Kapitalschwelle fällt, kaum einzuschätzen ist. "Es gibt viele Fallstricke in den Prospekten für diese Papiere", warnt Gregoire Mivelaz, Fondsmanager und Kreditanalyst bei der Fondsgesellschaft GAM.

In der Renditewüste könnte sich daher so manche Oase als Fatamorgana entpuppen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 30.5.2014)