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Viele Ägypter blieben trotz kreativer Aufforderungen den Urnen fern. Das Präsidentenvotum wurde bis zum Mittwoch verlängert.

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Militärmachthaber al-Sisi wird wie erwartet der neue Präsident Ägyptens.

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Wahlsieg al-Sisis wird in Kairo gefeiert.

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Der frühere äyptische Militärchef Abdelfattah al-Sisi ist laut inoffiziellen Ergebnissen mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden. Die vom Machtapparat erhoffte Begeisterungswelle blieb aber aus: Stattdessen muss Sisis Lager die magere Wahlbeteiligung erklären.

In den Morgenstunden des Donnerstags tanzten die ersten Anhänger zu Klängen von Trommeln und Flöten auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Das ägyptische Volk habe sein Vertrauen in Feldmarschall Abdelfattah al-Sisi gelegt, sagte sein Kampagnensprecher. Auf Sisis Webseite waren Resultate aus Provinzen noch in der Nacht veröffentlicht worden.

Nach vorläufigen Ergebnissen entfielen 23,9 Millionen Stimmen (rund 93 Prozent) auf Sisi. Hamdin Sabbahi, sein Herausforderer vom linken Volkstrend, erhielt nur 750.000; rund eine Million Stimmzettel waren ungültig. Die Beteiligung lag nur bei knapp 48 Prozent. Offizielle Endergebnisse wurden für kommenden Dienstag oder Mittwoch erwartet. Einige von Sisis Anhängern lobten trotz des schlechten Resultates auch Sabbahi als Helden. Ohne ihn hätte es gar keine Wahl gegeben.

Der Urnengang selbst war ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Es zeigten sich die üblichen logistischen Unzulänglichkeiten, und vor allem das Sisi-Lager führte an vielen Orten seine Unterstützungskampagne vor den Wahllokalen weiter. Diese Verstöße haben aber das Resultat wohl nicht beeinflusst. Viel entscheidender war die Tatsache, dass der Machtapparat eindeutige Signale ausgesendet hatte, dass nur der frühere Armeechef als Präsident akzeptiert werden würde.

Im vergangenen Sommer hatte Sisi nach Massendemonstrationen Mohammed Morsi, den ersten frei gewählten Präsidenten nach der Revolution von 2011, gestürzt und einen politischen Fahrplan vorgelegt, der nach Ausarbeitung einer neuen Verfassung Präsidentschaftswahlen vorsah.

Sisi selbst hatte deshalb immer eine historisch hohe Beteiligung als Maßstab für seine Legitimität eingefordert. Als sich abzeichnete, dass der Zustrom mäßig war, hat die Wahlkommission noch einen dritten Tag angehängt. Beide Kandidaten haben Beschwerde eingelegt. Kreise aus dem Sisi-Lager hatten die Forderung nach Verlängerung lautstark erhoben. Aber weder Anreize mit freien Tagen und längeren Öffnungszeiten, noch Androhungen von Strafen oder Beschimpfungen von Nichtwählern als Vaterlandsverräter konnten den Trend umkehren.

Stattdessen hagelte es Kritik: Aus einer Farce hätten die Behörden ganz ohne äußeres Zutun ein Debakel gemacht, war etwa in einem Internetforum zu lesen. Die Beteiligung der Präsidentschaftswahlen von 2012, aus denen der Islamist Morsi in der zweiten Runde als Sieger hervorgegangen war, wurde nicht erreicht.

Dafür gibt es viele Gründe: Offenbar hat der Boykottaufruf der von der Armee im vergangenen Sommer entmachteten Muslimbrüder gewirkt. In ihren Hochburgen in Oberägypten war die Beteiligung besonders niedrig. Zudem gingen nur wenige Mitglieder der erzkonservativen al-Nour-Partei zu den Urnen, obwohl sich ihre Führung hinter Sisi gestellt hatte.

Abwesende Jugend

Aber auch Revolutionsgruppen waren gegen die autoritären Tendenzen Sisis aufgetreten. Die großen Abwesenden an dieser Wahl waren insbesondere die Jungen. Sie sind drei Jahre nach der Revolution frustriert und enttäuscht, dass ihre Generation bei der Neugestaltung der politischen Institutionen übergangen wird und sich wieder alte Mubarak-Kader in den Vordergrund drängen. Hinzu kommt eine allgemeine Müdigkeit als Folge von politischen Unruhen, zunehmender Gewalt und einem chaotischen Alltag, der durch die häufigen Stromausfälle weiter erschwert wird.

Auf den Exgeneral kommt nun eine Herkulesaufgabe zu. Viele seiner Anhänger erwarten von ihm nichts weniger als Wunder. Im Wahlkampf hat er es allerdings vermieden, klare Ziele zu setzen, an denen man ihn messen könnte. Stabilität und Sicherheit sind die wichtigsten Anliegen der großen Mehrheit der Ägypter. Sie erhoffen sich, dass sich dann die Wirtschaft fast automatisch von der Krise erholen könnte und Touristen und Investoren nach Ägypten zurückkehren werden.  (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 30.5.2014)