Es ist ein kluges Fußballbuch, das die Edition Panorama in der Reihe "Spielmacher" schon ein ganzes Weilchen vor der WM in Brasilien herausgegeben hat. Weil der brasilianische Journalist Juca Kfouri bereits im Vorwort klarstellt, dass sich überraschend wenige Menschen in seiner Heimat für Fußball interessieren. Selbst in den USA, die ja nicht gerade als fußballnarrische Nation gelten, würden durchschnittlich mehr Fans die Spiele der Major League Soccer verfolgen als Brasilianer ihre nationale Meisterschaft.

Dass sich für diesen Bildband dennoch der Titel "O Jogo Bonito. Brasilien - eine fußballverrückte Nation in Bildern" ausgeht, erklärt Kfouri mit der Omnipräsenz des Mythos: Der brasilianische Fußball taucht im Land einfach überall auf. In sprachlichen Metaphern, auf Spielfeldern im Sand der über 9000 Kilometer langen Meeresküste oder auf den wenigen Betonplätzen, die die Immobilienspekulation überlebt haben.

Auch als Special-Interest-Bilderbuch für Brasilien-Reisende taugt "O Jogo Bonito", führt es doch zu den Kultstätten des brasilianischen Fußballs: zum sagenumwobenen Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro etwa, wo im Juli 2014 das Finale ausgetragen wird, oder zu jenen Arenen, die für die WM neu errichtet werden, wie das architektonisch eindrucksvolle Corinthians-Stadion in São Paulo. Noch interessanter ist es freilich für all jene, die aus zwei Gründen derzeit gar keine Reise in die "Fußballnation" planen: Erstens, weil eine WM sowieso der schlechteste Zeitpunkt dafür ist, und zweitens, weil manche verklärende Bilder vom Mythos vor Ort eh nicht mehr einzulösen sind: Das Buch lebt auch von den vielen nostalgischen Ansichten vergangener brasilianischer Fußballmomente.

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Ohne ihn kann kein vollständiger Bildband über brasilianischen Fußball erscheinen: Edson Arantes do Nascimento alias Pelé bei einem Entspannungsbad während der Fußball-WM 1970 in Mexiko.

Foto: Spielmacher / Getty Images

Eine lange Bildstrecke im Buch zeigt die unmöglichsten Plätze, an denen in Brasilien Fußball gespielt wird. Diese Kinder kicken auf einer steilen, schlammigen Straße in Penedo im Bundesstaat Alagoas.

Foto: Spielmacher / Caio Vilela

In Ouro Preto wird in einem der Käfige gekickt, wie man sie auch aus Wien kennt. Die Kulisse ist eindrucksvoll: Am Höhepunkt des Goldrausches, zum Ende des 18. Jahrhunderts, hatte die Stadt im Bundesstaat Minas Gerais rund 100.000 Einwohner und war damals die größte und reichste Stadt in der Neuen Welt.

Foto: Spielmacher / Caio Vilela

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Ein eigenes Kapitel ist der brasilianischen Fankultur gewidmet. Der Verein Palmeiras aus São Paulo feiert heuer sein 100-jähriges Bestehen. Er wurde im August 1914 von italienischen Einwanderern als Società Palestra Italia gegründet.

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Von den ebenfalls großteils aus Einwanderern bestehenden Anhängern der Corinthians wechselten damals viele ins Lager von Palmeiras. Diese ehemaligen Corinthians-Fans werden bis heute als "Verräter" bezeichnet, und die beiden Klubs sind erbitterte Rivalen in São Paulo.

Foto: Spielmacher / Alois Gstoettner

Ruhe um die Klubs aus São Paulo kehrt erst in der Abgeschiedenheit des Hinterlandes ein. Dort fahren manche Fußballer extra hin, um ihre Dehnübungen zu machen.

Foto: Spielmacher / Reinaldo Coddou

Flamengo, der Traditionsklub aus Rio, widerlegt wiederum die These aus dem Vorwort, dass brasilianische Fußballvereine vergleichsweise wenige Anhänger haben. Mit rund 39 Millionen Anhängern besitzt er die größte Fangemeinschaft Brasiliens. Hier zu sehen in einem Spiel gegen Grêmio im Jahr 2009.

Foto: Spielmacher / Gustavo Pellizo

Die Fans von Flemengo in Nahaufnahme: im Hintergrund in den Vereinsfarben rot-schwarz und im Vordergrund in Fleischfarbe mit Peckerl.

Foto: Spielmacher / Gustavo Pellizo

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Zum Schluss gibt es einige aktuellere Bilder: Beim Konföderationen-Pokal 2013 wurde das rundum erneuerte Maracanã-Stadion in Rio erstmals unter Wettbewerbsbedingungen getestet, wie sie auch bei der WM 2014 herrschen sollen.

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Reinaldo Coddou H. (Hg.)

O Jogo Bonito

Brasilien - eine fußballverrückte Nation in Bildern

Verlag Spielmacher

240 Seiten, 36 Euro

Foto: Spielmacher