Paris - Frankreichs Präsident François Hollande reagierte mit einer TV-Ansprache auf den durchschlagenden Erfolg des Front National (FN) bei den Europawahlen. Nachdem der Sozialist am Wahlabend schon erklärt hatte, er werde Lehren ziehen, präzisierte er am Montagabend, die EU müsse "neu ausgerichtet" werden: Von einem Kurs der "Austerität" müsse die EU zu mehr Wachstum und Investitionen finden.

Hollande meint damit eine Auflockerung des Sparkurses, zu dem er sich kürzlich gegenüber Brüssel verpflichtet hatte: Bis 2015 muss er das Budgetdefizit auf drei Prozent drücken. Paris scheint dieses Ziel aufzugeben, denn Premierminister Manuel Valls stellte in Reaktion auf das Wahlergebnis neue Steuersenkungen in Aussicht - wie er diese finanzieren will, ließ er bewusst offen.

FN-Chefin Marine Le Pen verlangte am Dienstag erneut Frankreichs Ausstieg aus dem Euro - den sie "Euromark" nennt. Diese Forderung ist in erster Linie politisch bedingt. Die ökonomische Begründung - Frankreich habe seine Wettbewerbsfähigkeit wegen des Euro verloren - steht auf wackligen Füßen: Deutschland hat ebenfalls den Euro.

Le Pen behauptet ferner, es sei sozialer, die Währung abzuwerten, als die Löhne zu kürzen, wenn ein Land wie Frankreich wieder konkurrenzfähig werden wolle. Sie schlägt deshalb vor, dass die Banque de France nach der Rückkehr zum Franc jährlich für 100 Milliarden Euro Geld drucke; 90 Prozent für die Schulderstattung und zehn Prozent für die Ankurbelung der Wirtschaft.

In einem Streitgespräch mit Le Pen entgegnete der Sozialist Pascal Lamy, ehemaliger Generalsekretär der Welthandelsorganisation WTO, die Rechnung gehe nicht auf: Ein Staat wie Frankreich könne nicht wie die USA oder Japan Geld drucken, ohne bei den Finanzmärkten unter Druck zu geraten; auch würde ein französischer Euro-Austritt in Europa einen Abwertungskampf auslösen, da dann auch Italien oder Spanien aussteigen könnten.

Teure Importgüter

Frédéric Oudéa, Chef der Bank Société Générale, weist zudem darauf hin, dass die Importgüter wie Benzin oder Handys sofort 20 Prozent teurer würden, wenn der Franc entsprechend abgewertet würde; die Folge wäre eine Hyperinflation, die zuerst die tieferen Einkommen treffen würde.

Auf solche Einwände hat Le Pen keine Antwort. Die Franzosen schon: Laut Umfrage lehnen 79 Prozent der Befragten die Rückkehr zum Franc ab. (brä)

(brä, DER STANDARD, 28.5.2014)