Österreich hatte immer gute Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, schon als es noch die alte Sowjetunion war. Die Voest lieferte ganze Stahlwerke, andere Firmen Konsumgüter wie Schuhe, denn die KP-Führung war nicht in der Lage, die Bevölkerung damit zu versorgen (ist heute nicht viel anders).

Damals genoss Österreich einen Sonderstatus im "Ostblock", der so intensiv war, dass der Abgeordnete Josef Cap im ORF sogar meinte, man könne sich doch dem "Comecon" (dem sowjetisch dominierten Wirtschaftsblock) statt der EU anschließen. Bald darauf waren Comecon und Sowjetunion Geschichte, Österreich trat klugerweise der EU bei. 25 Jahre später sind die Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Russland nach wie vor sehr intensiv: Ein Drittel des Gasbedarfs kommt aus Russland, österreichische Banken sind in Russland und der Ukraine schwer investiert.

Aber die EU befindet sich in einem Konflikt mit Russland, dessen autokratischer Führer Wladimir Putin die Ukraine wieder unter seine Kontrolle bringen will. Dies tut er seit Wochen durch Unterstützung separatistischer Banden in der Ostukraine, wobei nicht ganz klar ist, ob er die noch völlig unter Kontrolle hat.

Vor diesem Hintergrund versucht Österreich, sein Eigeninteresse zu wahren und sich gleichzeitig halbwegs EU-solidarisch zu verhalten. Die EU will Russland durch sanften Druck von weiteren Aggressionen gegen die Ukraine abhalten, um nicht zur großen Sanktionskeule greifen zu müssen. Da hinein verkündete die teilstaatliche OMV die Absicht, mit dem russischen Gasriesen Gasprom die Pipeline South Stream übers Schwarze Meer und Bulgarien bis zur Endstation in Österreich zu führen. Damit ist die Abhängigkeit von Russland nicht wirklich kleiner geworden. OMV-Chef Gerhard Roiss sagt aber, die EU habe eben das Nabucco-Projekt (Gas aus Aserbaidschan und vielleicht dem Iran, nicht über russisches Territorium) vernudelt und Österreich sei nun wenigstens nicht von einer Pipeline-Führung über die gefährdete Ukraine abhängig.

Interessant wird es auch, ob ein bekannter österreichischer Manager, der derzeit 200 Tage im Jahr für den Konzern des russischen Oligarchen Oleg Deripaska arbeitet, die Stelle des Aufsichtsratsvorsitzenden in der Verstaatlichten-Holding ÖIAG bekommt. Sigi Wolf, einst Chef von Stronachs Magna, wird als Favorit für die ÖIAG genannt, wobei laut Nationalbank-Präsident Claus Raidl eine "Insiderclique" von Industriellen hinter ihm steht.

Wolf hat viel Verständnis für das autoritäre Regime von Putin geäußert. Zu Format sagte er, ein so großes Land mit "zehn Zeitzonen" brauche eine "starke Führung". Ob man wegen zehn Zeitzonen die Opposition ausschalten, Regimekritiker(innen) ins Lager sperren und ultranationalistische Bewegungen fördern muss, ist eine Frage, die sich auch Topmanager stellen könnten.

Österreich werde sich "nicht selbst sanktionieren", hört man aus dem Wirtschaftsministerium. Einen ausgewachsenen Wirtschaftskrieg will auch niemand in der EU. Unterwerfung unter Putins Rücksichtslosigkeit wäre aber auf Sicht auch kontraproduktiv. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 28.5.2014)