Wien - Der Anfang ist ein Spiel mit falschen Oberflächen. Rydal (verkörpert von Inside Llewyn Davis-Schmuddelstar Oscar Isaac), Drop-out und Fremdenführer in Athen, beobachtet ein elegantes amerikanisches Paar im Café. Chester und Colette MacFarland (Viggo Mortensen und Kirsten Dunst) sehen so aus, als könnte man ihnen ein wenig Geld abknöpfen. Sie haben nur füreinander Augen. Doch dann dreht sich das Szenario wie ein Kippbild. Der so weltmännisch wirkende Chester entpuppt sich selbst als Betrüger. Im Hotel wird er von einem Privatdetektiv bedrängt und tötet diesen im Affekt. Rydal verhilft dem Paar zur Flucht.
Dies alles geschieht in Die zwei Gesichter des Januars schon in den ersten Minuten. Erst danach schlägt diese Patricia-Highsmith-Adaption ein gemächlicheres Tempo ein. Das Trio zieht sich auf die Insel Kreta zurück, Anfang 1960 noch ein vom Tourismus verschontes, schroffes Paradies. Der Fokus richtet sich auf die innere Dynamik der drei Fliehenden: Es ist eine des unabwendbaren Verfalls. Bei Highsmith bringt das Verbrechen die verborgene Natur des Menschen hervor.
Ausgesuchte Ausstattung
Hossein Amini, ein aus dem Iran stammender Drehbuchautor (u. a. Drive), gibt mit dem im Produktionsdesign ausgesucht teuer wirkenden Film sein Debüt als Regisseur. Details wie die nach einer Nacht am Hafen wild wegstehenden Haare von Chester wirken stimmig, auch die Sommerkleidung sitzt, und die mit dunkelgelbem Licht beleuchteten Landschaften (Kamera: Marcel Zyskind) konterkarieren die wachsende Unruhe der Figuren, die sich immer mehr selbst in die Haare geraten.
Doch Die zwei Gesichter des Januars verwirklicht das Potenzial der Fabel nicht ausreichend. Der sich schleichend anbahnende Konkurrenzkampf der beiden Männer um dieselbe Frau wirkt unterentwickelt, insgesamt lasch. Einzig Mortensen überzeugt darin, wie er die Härte, ja versteckte Gewalt seines Charakters in bestimmten Momenten nach außen kehrt. Isaacs Rydal ist dagegen zu stark auf den Typus mediterraner Beau abgestimmt, es mangelt ihm an Ambivalenz, vielleicht an Schmierigkeit, während Kirsten Dunsts junge Ehefrau weitgehend auf die verletzliche Schönheit beschränkt bleibt.
Amini strebt nicht energisch genug hinter die äußerlichen Erscheinungsbilder, Dekor und Schauplätze genügen sich oft einfach selbst. Dafür, dass die Ausweglosigkeit ohne sichtbaren äußeren Feind zunimmt, bleibt die Haltung des Films zu indifferent - selbst die Geier, die irgendwann über den drei Fliehenden ihre Runden ziehen, erscheinen malerisch. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 28.5.2014)