Der Blick in Parteizentralen oder andere Locations, wo am Wahlabend müde und vom Ergebnis euphorisierte oder frus trierte Funktionäre stehen, ist oft spannender als manche Wahlkampfrede im Vorfeld.

Sonntag war ein Abend der Sieger. Dank des Ausscheidens von Hans-Peter Martin konnten bei der EU-Wahl fast alle ein Plus feiern. Die ÖVP sogar Platz eins. Auch diesmal begaben sich mutige ORF-Journalisten ab 17.00 Uhr zu den johlenden, klatschenden oder Fahnen schwenkenden Menschen.

ÖVP-General Georg Blümel versuchte in der Lichtenfelsgasse der Frage auszuweichen, warum das Parteilogo auf den Plakaten von Othmar Karas kaum sichtbar war, und dankte „den Funktionären und Funktionären“ – Gendern wird überbewertet. SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos konnte das Geklatsche der Freunde in der Löwelstraße nutzen, um unangenehmen Fragen auszuweichen: „Ich hab jetzt nicht alles verstanden, ich kann nur sagen ...“

Riesenfreude herrschte freilich bei den Grünen im Metropol. Doch sie warfen auch Fragen auf. Was hat es mit den Taferln auf sich, die sie auch noch am Wahlabend minutenlang krampfhaft in die Kamera hielten? Haben sich alle Grünen vertraglich verpflichtet, eine Mindestzeit pro Tag mit Taferl zu verbringen? Gehen die abends mit ihnen schlafen, nehmen sie sie morgens mit in die Dusche?

Als man dann, mitten im Interview, ein „Happy Birthday“-Ständchen für Ulrike Lunacek anstimmte, musste die Moderatorin die Menge zurechtweisen wie eine ausgelassene Schul klasse: „Könnten Sie das bitte später machen?!“, rief sie. Das Lied verstummte. Aber wir glauben, die Taferln werden noch immer in die Höhe gestreckt. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 27.5.2014)