Die Ukraine hat einen neuen, demokratisch gewählten Präsidenten. Das ist das Positive an der Wahl vom Sonntag, die unter den erwarteten Begleitumständen stattfand. In den östlichen Regionen Donezk und Luhansk verhinderten die prorussischen Separatisten einen repräsentativen Urnengang, indem sie die Wahlvorbereitungen torpedierten und ein Klima der Angst schürten. Unter regulären Bedingungen wäre das Wahlergebnis im Osten von jenem im übrigen Land kaum signifikant abgewichen.

Aber das ist eben kein unbestreitbares Faktum. Und damit haben die Separatisten und ihre Moskauer Schutzherren ihr Ziel erreicht: die Legitimität Petro Poroschenkos als Präsident der gesamten Ukraine je nach Belieben anzweifeln zu können. Als Beitrag Russlands zu Stabilisierung der Lage kann es ja auch nicht interpretiert werden, wenn Ministerpräsident Dmitri Medwedew ausgerechnet am Tag der ukrainischen Präsidentschaftswahl die annektierte Krim mit seinem Besuch beehrt.

Auch wenn es seine Truppen nun offenbar doch von der Grenze zurückzieht, hat Russland weiter einen großen Fuß in der Tür - wie in Georgien mit den abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien und in der Republik Moldau mit Transnistrien. Die weitere Perspektive macht das strategische Muster klar. Die Ukraine droht ein weiterer "eingefrorener Konflikt" zu werden. Und das ist noch das harmlosere Szenario.

Zu diesem strategischen Handikap kommt für Wahlsieger Poroschenko noch das persönliche: Mit seinem Werdegang unterscheidet sich der "Schokoladenkönig" nicht wesentlich von der einstigen "Gasprinzessin" Julia Timoschenko, die er klar distanziert hat, und vielen anderen Akteuren der ukrainischen Politik. Dass ein Mann wie er nun zum Hoffnungsträger wird, muss vielen Menschen der Euromaidan-Bewegung als bittere Ironie erscheinen. (DER STANDARD, 26.5.2014)