Valentino Lazaro stellt an sich hohe Ansprüche.

Wien/Seefeld - Valentino Lazaro vermutet, "dass ich schon Fußball gespielt habe, bevor ich gehen konnte". Sicher weiß er, alte Fotos lügen nicht, "dass immer ein Ball in meiner Nähe war".

Der Freitag wird für den 18-Jährigen ein besonderer Tag sein. Er reist nach Seefeld ins Trainingslager der österreichischen Nationalmannschaft. Marcel Koller hat ihn zum ersten Mal eingeladen, Lazaro ist der jüngste Spieler in der Ära des Schweizers. Als er vom Teamchef vor gut einer Woche informiert wurde, "konnte ich es kaum glauben". Selbst gezwickt hat er sich aber nicht, er ist während des Telefonats hellwach geblieben. "Weil ich in meiner Karriere immer sehr früh dran war, ich habe kein Problem mit dem Tempo. Mich würde die Langsamkeit verwirren." In der U16 war er der Jüngste, detto in der U17. Bei Red Bull Salzburg debütierte er im Alter von 16 Jahren und 224 Tagen. "Jetzt bin ich im A-Team."

Lazaro macht sich "keinen Stress". Einige seiner Klubkollegen sind ebenfalls in Seefeld. "Für mich ist es das Vorstellungsgespräch. Ich werde mich ganz normal verhalten. Ich muss authentisch sein, Respekt zeigen, aber nicht in Ehrfurcht erstarren." Speziell auf David Alaba hätte er sich sehr gefreut. Daraus wird nichts, der Bayern-Legionär musste aufgrund eines Muskelfaserrisses in der Bauchdecke absagen. Ein späteres Kennenlernen ist überhaupt nicht auszuschließen. Lazaro sagt: "Es liegt an mir, ich will alles geben und das Trainerteam überzeugen. Ich habe in meinem ganzen Leben hohe Ansprüche an mich gestellt und bin ihnen bisher gerecht geworden."

Technik und Tempo

Lazaro wurde am 24. März 1996 in Graz geboren. Sein Papa stammt aus Angola, vor rund 30 Jahren ist er nach Österreich geflüchtet - aus politischen Gründen. Er hat hier die spätere Mama Lazaro kennengelernt. Der kleine Valentino ging 2002, vermutlich mit dem Ball am Fuß, zum GAK, war in den Nachwuchsteams der Beste, geigte im Mittelfeld. Seine Technik und die Schnelligkeit beeindruckten. Das außergewöhnliche Talent ist den Scouts von Salzburg nicht entgangen, 2011 wurde Lazaro verpflichtet. Die Freunde beim GAK mussten fortan ohne ihn auskommen, Kontakte werden bis heute gepflegt. "Mir tut es weh, dass es den GAK im Profifußball nicht mehr gibt."

Salzburgs Ex-Trainer Roger Schmidt hat ihn behutsam an die Kampfmannschaft herangeführt. Ohne den Mittelfußknochenbruch davor wäre es vermutlich ein bisserl schneller gegangen. In der abgelaufenen Meistersaison brachte es Lazaro auf elf Einsätze und zwei Tore. "Von mir aus hätten es weit mehr Spiele sein können, ich tue mir mit der Langsamkeit schwer. Aber es wird schon Sinn gemacht haben." Es mag Zufall gewesen sein, "dass Herr Koller immer dann im Stadion war, wenn ich sehr gute Aktionen gezeigt habe". Für Lazaro sind die eigenen Fähigkeiten "eher das Ergebnis von hartem Training. Aber natürlich habe ich sie auch dem lieben Gott zu verdanken."

In den vergangenen drei Tagen hat er eher gefaulenzt, Freunde getroffen, die Seele durfte endlich baumeln. Schließlich musste das Double gefeiert werden. "Ich habe mehr gesungen als getrunken. Schön langsam kommt die Stimme zurück." Er fühle sich topfit, überhaupt nicht ausgelaugt. "Es kann nie genug Fußball geben."

Der Vertrag in Salzburg endet 2015, über eine Verlängerung macht er sich keine Gedanken. Logischerweise träumt Lazaro vom Ausland, ihm taugen der AC Milan, Arsenal, Dortmund, Schalke, Bayern - die Liste ist beliebig erweiterbar. Als Vorbild diente Ronaldinho. "Egal, wo ich einmal lande, ich will in jedem Fall einen Stammplatz. Obwohl Fußball ein Mannschaftssport ist und man nur gemeinsam gewinnen kann, gönne ich mir diesen Egoismus."

Jetzt ist Seefeld. Österreich trifft am 30. Mai in Innsbruck auf Island und am 3. Juni in Olmütz auf Tschechien. "Es wäre ein Wahnsinn, dürfte ich auch nur zehn Sekunden lang spielen." Mit dem Ball am Fuß. (Christian Hackl, DER STANDARD, 23.5.2014)