Margot Pilz, Hommage à Kremser Schmidt. 6 der 12 Stationen meines Abendmahles, 1979.

Foto: Bildrecht, Wien, 2014

Renate Bertlmann als schwangere Braut im Rollstuhl.

Foto: Bertlmann

Renate Bertlmann, Die schwangere Braut mit dem Klingelbeutel, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, 1978.

Foto: Reinhold Bertlmann

Linda Christanell, Fingerfächer, 1977.

Foto: Kurt Lüthi

Krems - Die Künstlergruppe als Männerbund - lange sah es aus, als könne man den narzisstisch-machistischen Wiener Aktionismus so leicht fassen. Zunehmend tauchen in den vergangenen Jahren jedoch die weiblichen Aktionistinnen aus dem toten Winkel der Kunstgeschichtsschreibung auf. Während das Salzburger Museum der Moderne zuletzt in Im Dialog: Wiener Aktionismus Renate Bertlmann, Valie Export und Friederike Pezold einen eigenen Saal widmete, zeigt die Kunsthalle Krems nun mit der AusstellungAktionistinnen, dass Frauen nicht nur als stumme Körperleinwand am Aktionismus teilhatten - sondern aktiv und eigensinnig.

Die im Forum Frohner in einem Raum zusammengestellten Videos, Fotografien, Installationen und Performancerelikte von bekannten Künstlerinnen wie Valie Export, Birgit Jürgenssen oder Kiki Kogelnik und von nicht ganz so bekannten Frauen wie Linda Christanell, Renate Bertlmann Rita Furrer, Ingrid Opitz und Margot Pilz machen deutlich: Hier arbeiten Frauen an und mit ihrem Körper, wie es auch die Männer taten - und doch diametral anders.

Das Gefängnis der Ehe

Margot Pilz hat 1979 (in der Schau durch Fotos dokumentiert) ein Abendmahl nachgestellt. Statt der Ikone patriarchaler Religion, Christus im Kreise seiner Jünger, ist auf Das letzte Abendmahl. Hommage à Kremser Schmidt (1979) eine stillende Frau umringt von Frauen und Kindern zu sehen.

Renate Bertlmann thematisiert in ihren Performances Die schwangere Braut im Rollstuhl (1978) und Die schwangere Braut mit dem Klingelbeutel (1978) die andere Seite des Herrenwitzes vom Gefängnis der Ehe. Die Fraumit schnullerverzierter Maske ist keine Person, sondern eine Funktion: jene der Ehefrau und Mutter. Im Video der Performance sieht man, wie sie sich kaum bewegen kann - gefesselt an eheliche und reproduktive Pflichten.

Hier geht es ebenso wie bei Linda Christanells Performance Fingerfächer(1977) um die Rolle der Frau. Christanell steht, ein Holzrahmen fasst ihr Gesicht ein. In diesem Bildausschnitt zieht sie Fotos vor ihr Gesicht: Bilder von ihrer Mutter und einer Puppe. In einer Werkbeschreibung ist zu lesen, dass dazu zu hören war: "Ich fächle, ich fache, ich fache an, ich fächere, ich entfalte mich, ich falte mich, (...), sklaven fächeln, sklaven fächeln dem herrn."

Gegen den Objektstatus im Wiener Aktionismus

Die Frauen wehren sich gegen jenen Objektstatus, den sie im Wiener Aktionismus wie in der Gesellschaft hatten. Ihre Themen sind die des Feminismus der zweiten Welle: Emanzipation aus überkommener Bevormundung; das Recht, selbst über Körper und Sein zu bestimmen. Die Schau ist nicht nur deshalb sehenswert, weil sie zeigt, wie vielfältig und souverän die Werke der Frauen innerhalb des Aktionismus stehen.

Sie eröffnet auch den Blick auf eine Phase der Frauenbewegung, in der es nicht um komplexe Fragen von Sex und Gender ging, sondern im Rahmen eines eher essenzialistischen Frauenbildes um klar formulierte Rechte gekämpft wurde. So antiquiert dies bisweilen erscheint - vieles davon ist heute so aktuell wie damals. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 22.5.2014)