Ohne Fuß kein Fußball. Logo. Von Ballgott Maradonna sagte man, er habe Hände an den Füßen. Und die steckten während der Arbeitszeit in Fußballschuhen, neben der Wuchtel das wichtigste Must-have auf dem Rasen, gefolgt von der Pfeife des Schieris.

Was den Fußballschuh am grundlegendsten von jedem anderen Fußkleid unterscheidet, ist seine Unterseite, also Stollen, Nocken oder Noppen, die das Wegrutschen am Rasen verhindern sollen. Stollen werden jene Schuhbremsen genannt, die auswechselbar sind und aus Kunststoff, Keramik, Leder oder Aluminium gefertigt werden.

Nocken sind fest mit dem Schuh verwachsen, sozusagen aus einem Guss mit der Sohle, und Noppen treten mehrzähliger also rudelhaft auf. Letztere werden bevorzugt auf Kunstrasen eingesetzt. Was alle eint: Mit jeder der drei Gattungen hatte schon so mancher Spieler unliebsame Berührungspunkte.

Puma Evo Power Tricks
Foto: Puma

Erstmals kamen auswechselbare Stollen im Jahre 1949 aufs Grün, der Blumenthaler SV wurde angeblich durch diese Neuerung dreimal hintereinander Bremer Landesmeister. Als Erfinder gilt Alexander Salot. Lange Zeit glaubte man, Adolf Dassler wäre das Hirn hinter den Stollen gewesen, jener Adidas-Dassler, der 1948 Konkurrenz durch Bruder und Puma-Gründer Rudi Dassler bekam.

Auswechselbare Stollen

Immerhin aber lieferte Adi Dassler, nach dem auch die Badeschlapfen Adiletten benannt sind, jene Schuhe mit auswechselbaren Stollen, die den Deutschen das "Wunder von Bern" 1954 beschert haben sollen, da die Ungarn im Finale mit genagelten, schweren und vom Regen aufgeweichten Lederstollen immer wieder übers Feld rutschten.

Mehr als 50 Jahre nach Bern behauptete Puma, dass nicht Adi, sondern Rudi diese Art von Schraubstollenschuhe erfunden habe. Den beiden Dassler-Streihanseln kann es mittlerweile egal sein, längst liegen sie am Friedhof, am selben übrigens, allerdings weit auseinander.

Die Geschichte des Fußballschuhs ist aber nicht nur eine der strittigen Erfindungen und Besserwissereien. Schaut man sich die Entwicklung des Fußballschuhs an, steht wie beim Ball das Material im Vordergrund. So viel wie ein Viertel Butter wiegen Spitzenschuhe heutzutage, die Sohle gibt's aus gegossenem Polyurethan, aber auch aus Kohlefaser und Glasfiber, weiters bestehen die Schuhe aus Kunststoffen und anderen Hightech-Materialien, zum Teil auch aus dünnem Känguruleder, was so manche Tierschutzorganisation vor Gericht ziehen lässt.

Adidas Samba Primeknit 
Foto: Adidas

Sosehr der Fußballschuh für Marken und Kämpfe um Marktanteile steht, so sehr transportiert er auch die persönlichen Beziehungen seines Trägers nach außen. Das Verhältnis des Fußballers zum Ball ist das eine, der Ballbesitz während eines Matches ist in der Regel eine Angelegenheit von Augenblicken, die Schuhe bleiben die volle Spielzeit am Spieler und legen dabei bis zu 15 Kilometer zurück.

Der Ball gehört mehr oder weniger allen, der Schuh dem Spieler ganz allein. Vielleicht widmen deshalb manche Rasenstars das Schuhwerk ihren Freundinnen, andere sogar ihren Haustieren. David Beckham ließ sich bei der WM in Korea und Japan fernöstliche Schriftzeichen aufs berufliche Schuhwerk sticken.

Knallig und extravagant

Blickte man früher auf schlichte Schuhe aus braunem oder schwarzem Leder, leuchten heutzutage die spacigsten Farben und Designs vom Spielfeld. Adidas brachte vor kurzem - eingedenk des Strickbooms - sogar einen gestrickten Fußballschuh auf den Markt. Der wasserfeste "Samba Primeknit" wird in einer speziellen Produktionstechnik aus Schmelzgarnen hergestellt, seine Oberfläche erinnert ein wenig an Tantenpatschen der 1960er-Jahre.

Weit weniger heimelig werden die drei Streifen bei der WM in Brasilien durch die Sonderedition "Battle Pack" vertreten sein - Schuhe, denen eine Art Kriegsbemalung verpasst wurde. Schweinsteiger, Deutschland und "Battle Pack", das Marketing spielt mitunter schon eigenartige Pässe.

Erzrivale Nike designte für seine Topstars den bis zum Knöchel reichenden "Magista", der ebenfalls ein Stück weit wie ein Strumpf daherkommt. Cristiano Ronaldo, auch von Nike beschuht, präsentierte in Madrid den Schuh "Mercurial Superfly", bei dem sich dank dreifach gestrickten Gewebes weniger Material zwischen Ball und Fuß befindet, was das Ballgefühl fördere.

Nike Mercurial
Foto: Nike

Praktische Anziehhilfen bietet Puma mit "Tricks" an. Bei diesen neuen Farbvarianten der Modelle "Evo Power" und "Evo Speed" ist der rechte Schuh in Pink, der linke in Blau gehalten. Laut Puma, sollen die Schuhe, "das Potenzial erwecken, das Unmögliche zu tun". Das fängt offensichtlich beim Anziehen des richtigen Schuhs in der Kabine an.

(Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 23.5.2014)