Jetzt war mir doch über viele Jahre der Songcontest an sich ziemlich powidl. Das gesamteuropäische Geheule war mir stets nicht nur Wurst, sondern Extrawurst.

So glaubte ich mich auch im heurigen Jahr der Pein für Ohr und Hirn entziehen zu können - und dann das: Fräulein Conchita setzt zum Outing an. Käsleberkäs hat es Europas neuer Sanges-Prinzessin angetan.

Liebe und Leberkäse

Und plötzlich ist man mittendrin. Die gesunde Distanz zur Eurovision ist dahin. Jemand, der die fettige Köstlichkeit - stets sanft und mit Liebe gebettet zwischen zwei Semmerl-Hälften - in aller Öffentlichkeit mutig und voller Stolz lobpreist, der kann nur ein Guter sein. Völlig egal, ob Mann, Frau oder Beides.

Vor den Augen des Songcontest-Kritikers ist der Phönix der Asche entstiegen - und wenn man in der Hauptstadt des Leberkäses geboren ist, gilt es umgehend die Zeichen der Zeit richtig zu deuten. Viel zu lange war man schon nicht mehr in der Gourmet-Kathedrale in der Linzer Rathausgasse und hat um eine heiße Schnitte aus dem heiligen Schrein gebettelt.

Nachts beim Pepi

Der "Leberkas-Pepi" gehört zu Linz wie die Pestsäule zum Hauptplatz, und wer zu später Stunde noch nie dort war, hat das Prädikat Linzer Nachtschwärmer nicht verdient. Wenn in der Altstadt die Lichter ausgehen, ist in Linz meist noch lange nicht Schluss. Die Stärkung für den Heimweg muss sein. Nach einer durchzechten Nacht trifft sich Jung und Alt, Reich und Arm, Generaldirektor und Schichtarbeiter beim „Leberkas-Pepi“ - wovon meist eine lange Schlange vor dem kleinen Geschäft zeugt.

 Leberkas-Pepi-Chef Christoph Baur.
Foto: Hermann Wakolbinger

Nicht nur die ordinäre Version wandert beim "Pepi" über die "Budl". Mit zwölf Sorten - unter anderem Spinat-Knoblauch, Käse, Chili, Röstzwiebel oder Pferd - lockt das Sortiment. Während am Tage eher der Klassiker mit Gurkerl zu empfehlen ist, bietet sich zu späterer Stunde der Chili-Leberkäse (am Besten mit Pfefferoni) an. Eine wahre Gaumenfreude auch Spinat-Knoblauch - birgt aber bei Verzehr die Gefahr, dass das Sozialleben kurzfristig einbricht.

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Der Gast kann auch selbst kreativ werden: Rezepte werden beim "Pepi" nämlich gern angenommen - und so manche haben es bereits ins Sortiment geschafft. Filialen gibt es - neben einem Catering-Angebot - in Linz aktuell zwei. Der Versuch, Österreichs besten "Leberkas" auch den Engländern schmackhaft zu machen, scheiterte im Jahr 2008: Der "Pepi"-Standort nahe dem Londoner Hyde-Park wurde kurzerhand wieder geschlossen. Ordentliches Fastfood straft der gemeine Engländer mit Ignoranz.

Man sollte also dieser Tage innehalten - am Besten mit Josef Haders Leberkäs'-Gleichnis aus dem Film Silentium: "Leberkäse wird aus den Restln der Knackwürsteln g'macht und die Knackwürstel aus den Restln vom Leberkäs' ..." - und Frau Wurst dankbar sein. Sie hat die Welt um ein ordentliches Stück besser gemacht. (Markus Rohrhofer, derStandard.at, 20.05.2014)